Schutz für Tibet

■ Heinrich Harrer sprach in der Urania

Vor einer irreparablen Zerstörung der tibetischen Kultur und Umwelt warnte gestern in Berlin der Tibet-Experte Heinrich Harrer. Der 83jährige, der am Abend in der Urania einen Vortrag über seine Erlebnisse in dem Himalaya- Land hielt, hatte angesichts der dramatischen Entwicklung in Tibet für die Haltung der Politiker in Bonn und in seiner Heimat Österreich nur wenig übrig: Diese wagten es nicht einmal, den tibetischen Dalai Lama zu treffen, um nicht den Zorn der Pekinger Regierung auf sich zu lenken. Nur die Regierung von Liechtenstein, sagte Harrer, habe es gewagt, das tibetische religiöse Oberhaupt einzuladen.

Harrer, der zwischen 1944 und 1951 in der tibetischen Hauptstadt Lhasa lebte und hierzulande mit seinen Berichten und dem Buch „Sieben Jahre in Tibet“ bekannt wurde, sprach gemeinsam mit Vertretern der Tibet Initiative Deutschland über die jüngsten chinesischen Pläne zur Zerstörung der Altstadt von Lhasa und die weitere Ansiedlung von Chinesen in der Region. Bis zum Jahr 2000 soll das alte tibetische Viertel in der Innenstadt von Lhasa weitgehend verschwunden sein, so sieht es ein Plan der Pekinger Regierung aus den achtziger Jahren vor.

Um zu verhindern, daß es weiterhin zu Widerstand in der tibetischen Bevölkerung kommt, werden ganze Straßenzüge abgerissen, ihre Bewohner in gesichtslose Betonbauten chinesischen Stils am Rande der Stadt umgesetzt. Bei der Zerstörung des Landes sind auch westliche Firmen und Entwicklungsprojekte beteiligt, sagte Harrer. Als Beispiel nannte er die durch eine neue Lederfabrik verursachte Vergiftung der Gewässer am Rande von Lhasa. Die Fabrik war Gastgeschenk Kanzler Kohls „an die Tibeter“ bei seinem Besuch in den achtziger Jahren. Jutta Lietsch