„Focus“-Leser wissen weniger

■ Das Münchener Magazin entdeckt Taslima Nasrin als Werbe-Wunderwaffe

Die bekannte Münchener Menschenrechtsillustrierte Focus bringt schon wieder ein Interview mit Taslima Nasrin! Ein wenig kleiner als das letzte Mal, ein wenig versteckt auf den Auslandsseiten, unter einer dieser geilen monumentalen Grafiken, mit denen das Blatt dem Analphabetentum der „Info-Elite“ (Eigenwerbung) wöchentlich entgegenkommt. Und zum Beweis, daß es sich diesmal nicht um einen Fake, sondern um investigativen Journalismus handelt, schenkt Focus uns ein Foto mit der Unterzeile: „Taslima Nasrin und Focus-Redakteurin Barbara Schwepcke“. Na, bitte!

Und was hat die Focus-Redakteurin bei ihrer Schwedenreise herausgefunden, die erst für nötig befunden wurde, nachdem „eine Berliner Zeitung“ herausgefunden hatte, daß das vor zwei Wochen abgedruckte Interview eine Fälschung war? „Ihr seid gute Leute. Dieser Mann hat euch und mich ausgebeutet.“ Noch was? Ja, „daß die Focus-Leute sehr nett“ sind und daß „ich sie mag“. Ist das alles, Frau Schwepcke? Dafür die ganzen Spesen? „Und daß ich für diese Zeitschrift schreiben werde.“ Na, das läßt sich sehen.

In den Händen der Focus-Redaktion ist Taslima Nasrin eine wahre Werbe-Wunderwaffe. Vor zwei Wochen hat sie erst für Kohl und Kinkel getrommelt, jetzt für Focus selber. Keine Rede mehr von der unglaublichen journalistischen Schlamperei, die guten Focus-Leute sind von Hans-Joachim Schilde, einem Finsterling, betrogen worden. Daß sie keine Hemmungen hatten, den frei erfundenen Schrott über Nasrin, Martin Niemöller, Dietrich Bonhoeffer und Schwarzenegger zu drucken – Schwamm drüber! Nette Leute. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Jörg Lau