■ Tour d'Europe
: Hohle Drohungen

Frankreich und Großbritannien, die im Rahmen der UN-Aktionen die größten Truppenkontingente auf dem Gebiet Ex-Jugoslawiens stehen haben, bereiten den Abzug vor. Noch ist nichts beschlossen, aber weil die Vorbereitungen mindestens zwei Monate dauern, hat man schon mal angefangen. Wenn es soweit ist, soll es schnell gehen.

Sarajevo wird seit mehr als tausend Tagen belagert. Mit jedem Kriegstag schrumpft die Hoffnung, daß der international anerkannte Staat Bosnien eine Überlebenschance hat. Selbst der Teilungsplan der UNO, der den bosnischen Serben 49 Prozent und dem bosnischen Staat 51 Prozent zugesteht, ist längst tot. Die Serben wollen mehr, und die Bosnien-Kontaktgruppe, in der Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Rußland und die USA vertreten sind, hat bereits mehrfach signalisiert, daß sie den serbischen Forderungen nachgeben wird. UNO, Nato, KSZE und Kontaktgruppe haben sich wortreich um jedes Engagement, das über humanitäre Hilfe hinausgeht, herumgedrückt. London, Paris, Washington und Moskau blockieren sich aus den unterschiedlichsten Motiven, aber mit eindeutigem Ergebnis: Keine militärische Hilfe für Bosnien, auch keine Waffenlieferungen.

Die USA würden das Waffenembargo für Bosnien gerne aufheben, wollen sich aber nicht allzu weit in die aus ihrer Sicht europäische Angelegenheit einmischen. Sie beugen sich deshalb dem Widerstand der Briten und Franzosen. Beide Länder argumentieren, daß durch ein Ende des Waffenembargos der Krieg an Gewalt zunehmen würde. Doch das alleine ist es nicht. Die Scheu beider Regierungen, die serbischen Aggressoren beim Namen zu nennen, deutet darauf hin, daß es für sie noch anderes gibt, als das moralische Recht Bosniens.

Rußland spielt offen mit der proserbischen Karte. Alles was dem slawischen Verbündeten schaden könnte, löst unweigerlich den Schutzreflex Moskaus aus. Bosnien ist zudem das einzige Feld, auf dem es Reste einer Großmachtrolle hat. Eine neue Friedenskonferenz, wie sie von Bonn gefordert wird, stünde vor denselben Problemen wie alle vorangegangenen: Es gibt keinen Grund für die bosnischen Serben, auf irgendeinen Kompromiß einzugehen. Die Zeiten, in denen UNO oder Nato den bosnischen Serben mit begrenzten Militärschlägen gedroht haben, sind vorbei. Auch der letzte Angreifer hat inzwischen gesehen, daß die Drohungen hohl waren. Die Zukunft Bosniens wird mit Gewehren entschieden. Vor einigen Wochen hat sich auch Kroatien wieder als Interessent zusätzlichen Territoriums zurückgemeldet. Zagreb fordert die UNO auf, die störenden Blauhelme abzuziehen. Eine Aufteilung Bosniens zwischen Kroaten und Serben wird wahrscheinlicher. Die UNO kann dann höchstens noch zwei, drei Schutzzonen für die Muslime behaupten, um ihr schlechtes Gewissen abzuarbeiten.Bois