■ Neue Schreckensmeldungen zu östlichen Milliardengräbern
: Sinnvolle Verschwendung

Politiker sind korrupt. Beamte sind unfähig. Unternehmer sind kriminell. Zum Geld gehört die Gier, und gegen den deutschen Osten war der wilde Westen zahm. Zu diesen fünf Lieblingsklischees der Journalisten lasse man die passenden Geschichten der letzten fünf Jahre aus dem Archiv-Computer, frage einen Landesrechnungshofpräsidenten nach seiner privaten Schätzung eines möglichen Gesamtschadens, und fertig ist die „Milliarden-Veschwendung von Steuergeldern“. Die austet der Spiegel doch gerne, um auch mal wieder ins Fernsehen zu kommen: Skandal für Deutschland! Und die Regierung ist schuld, denn sie hat nicht genug kontrolliert, was mit dem Geld geschieht.

Wirklich? Was wäre denn passiert, wenn ordentliche deutsche Beamte tatsächlich jeden Pfennig für den Aufbau Ost zu jedem Zeitpunkt genau kontrolliert hätten? Es hätte eine Menge Kriminalität und manche Fehlplanung nicht gegeben. Es wäre also nichts passiert und all das schöne Geld noch da. Nur hätte der Spiegel dann tatsächlich eine Story: jene über akribisch rechnende Beamte, gutbezahlte Bremser, die jede Wirtschaftstätigkeit im Osten verhindern. Über volle Kassen bei gleichzeitig riesigem Geldbedarf für die Sanierung der Städte, Straßen und Eisenbahnlinien, für Telefone und Abwasserkanäle. Niemand müßte sich über eine zu groß dimensionierte Kläranlage aufregen, weil es im Osten gar keine gäbe. Zusammenbruch Ost: Die Trümmer bleiben liegen, und der reiche Westen schaut zu. Skandal!

Daß es ziemlich leicht gewesen ist, im Osten auf die krumme Tour zu Geld zu kommen, heißt ja nicht, daß man all den großen und kleinen Vereinigungskriminellen ihren Gewinn lassen muß. Vermutlich wird man dafür weitere Milliarden aus der Staatskasse ausgeben müssen: für den Aufbau von Wirtschaftsstrafkammern in den östlichen Bundesländern, die den vor Ort meist gut bekannten Betrügereien ernsthaft nachgehen. Ganz akribisch, wie es sich für Beamte gehört, und selbst auf die Gefahr hin, daß die Aufblähung der Justizapparate in Ostdeutschland in fünf Jahren dem Spiegel als Skandal gilt. Vermutlich wird das dann nicht einmal so sein. Telegen sind Baustellen als Milliardengräber und die leere grüne Wiese namens Gewerbegebiet; Gerichtsfassaden in der Regel nicht. Donata Riedel