Kein Lichtblick im Schatten des Kanzlers

■ Umweltministerin Merkel (CDU) bilanziert ihre ersten 100 Tage in neuer Verantwortung

Bonn (taz) – Wie? Der Kanzler soll seine Umweltministerin zurückgepfiffen haben, weil die eine Besteuerung von Flugbenzin forderte? Alles Unsinn! Glaubt man Angela Merkel, gab es in der Flugbenzinfrage nie einen Dissens zwischen ihr und Helmut Kohl: „Es ist der Eindruck erweckt worden, als sei das eine kurzfristige Aufgabe“, erklärte die Umweltministerin gestern vor Journalisten: „Da hat der Bundeskanzler gesagt, daß es eine langfristige Lösung sein muß.“

So einfach sind Streitfragen aus der Welt zu schaffen. Aber muß eine Ministerin, die gerade ihre ersten 100 Tage im neuen Amt bilanziert, wirklich das Scheitern eines eigenen Vorstoßes eingestehen? Die Erwartungen hatte die CDU- Politikerin gestern selbst noch hochgeschraubt. „Konflikte“, so forderte die Ministerin vor der Präsentation ihrer Arbeitsschwerpunkte, müßten in der Umweltpolitik „klar benannt werden“.

Und Bilanzen müssen positiv ausfallen. „Höchste Priorität“ hat da die Verwirklichung der nationalen Klimaschutzpolitik, und die bislang erzielten Erfolge sind natürlich „ermutigend“. Aber eine verbindliche Selbstverpflichtung zur Schadstoffreduzierung, wie sie Umweltverbände fordern, wird die Bundesregierung dem Berliner Klimagipfel nicht präsentieren. Da sollen statt dessen „unsere internationalen Partner“ überzeugt werden, ihre Treibhaus-Gasemissionen nicht zu steigern.

Die Ministerin freut sich über den hohen Standard des Umweltbewußtseins und preist die niedrigen Kosten des Umweltschutzes sowie das wirtschaftliche Potential der Umwelttechnologie so heftig, wie das sonst nur Wahlprogramme der Grünen tun. Aber welche Konsequenzen folgen daraus? Einsetzen wird sich die Politikerin dafür, „daß die Option Kernenergie in Zukunft erhalten bleibt“. Den Einstieg in eine aufkommensneutrale Energiesteuer befürwortet sie – aber „möglichst europaweit“. Bevor es gar zum Schwur kommen könnte und Taten folgen, gilt immer noch die Einsicht: „Viele Umweltprobleme können nur großräumig, wenn nicht global gelöst werden.“

So bilanziert der Naturschutzbund angesichts des guten Willens der Ministerin „Licht und Schatten“, kommt aber zu dem Schluß: „Den größten Schatten in der Umweltpolitik wirft eben immer noch der Kanzler.“ Hans Monath