Elf Verfassungshüter für das neue Südafrika

■ Erster Fall: Bleibt die Todesstrafe?

Johannesburg (taz) – Südafrikas Apartheid-Regime, das war für Widerstandskämpfer unbestritten, war unrechtmäßig und mußte daher bekämpft werden. Heute tritt Südafrika endgültig in die Epoche des Rechtsstaats ein: Sieben Weiße, drei Schwarze und ein Inder – darunter zwei Frauen – wurden gestern als Richter beim ersten Verfassungsgericht in der Geschichte des Landes im Johannesburger Stadtteil Braamfontein vereidigt. Zu den Verfassungshütern gehört Richter Johan Kriegler, der als Vorsitzender des Wahlrats letztes Jahr die ersten demokratischen Wahlen des Landes organisierte. Vorsitzender ist Arthur Chakelson – er verteidigte einst Nelson Mandela in dem berüchtigten Rivonia-Verfahren, in dem der heutige Staatspräsident zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.

Ausgerechnet der erste Fall, mit dem sich das Gericht beschäftigen wird, gehört zu den kontroversesten Themen Südafrikas: die Verfassungsmäßigkeit der Todesstrafe. Während der Demokratisierungsverhandlungen konnte darüber keine Einigkeit erzielt werden. Die Todesstrafe wurde in Südafrika bisher freimütig angewandt: Zwischen 1976 und 1990 wurden 1528 Menschen vom Staat erhängt, davor waren es jährlich um die 40. Heute sitzen noch 400 Todeskandidaten in einem Gefängnis in der Hauptstadt Pretoria. Kaum jemand der elf Richter gilt als deutlicher Befürworter der Todesstrafe. „Es ist etwas unglücklich, daß das Gericht schon bei seinem ersten Fall unter so viel Druck stehen wird“, erklärte Catherine O'Ryan, eine der beiden Frauen des Gerichts, „aber nun müssen wir Entschlußkraft beweisen.“

Schon heute beginnen die öffentlichen Anhörungen. Zur Debatte steht das Schicksal des 36jährigen Themba Makawayane und des 24jährigen Mvuso Mchunu, die im April 1990 mit vier Komplizen einen Geldtransporter überfielen und dabei zwei Polizisten und zwei Bankangestellte ermordeten. Ein Gericht verurteilte sie zum Tod am Galgen. Willi Germund