Auf die Parolen im Kopf antworten

■ Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, zur Einladung der Jugendorganisation der NPD / Rechte Funktionäre wollen mit Bubis über die Zielsetzungen der Partei diskutieren

Der Vorsitzende der rechtsextremen Jungen Nationaldemokraten, Holger Apfel, hat in einem offenen Brief Ignatz Bubis zu einem Gespräch eingeladen. Dabei soll es um die „politischen Visionen“ der Partei gehen und um den angeblich falschen Vorwurf, daß sie „geistige Brandstifter“ seien.

taz: Herr Bubis, nehmen Sie das Gesprächsangebot an?

Ignatz Bubis: Nein. Ich habe Anfang des Monats bei einer Veranstaltung der Freimaurer in Jena einige Jugendliche getroffen, die sich „junge Nationale“ nannten. Sie fanden, daß Rudolf Hess als „Märtyrer“ verehrt werden müßte. Ihnen habe ich klargemacht, daß er ein Kriegsverbrecher, daß er mitverantwortlich für den Zweiten Weltkrieg mit seinen 55 Millionen Toten war. Nach der Veranstaltung sind sie gekommen und haben mich um eine Diskussion gebeten. Mit ihnen würde ich diskutieren, niemals aber mit NPD-Kadern.

Warum haben Sie sich nicht spontan mit ihnen hingesetzt?

Es war schon nach 23 Uhr, und ich wollte noch in der Nacht nach Frankfurt zurück. Sie wollten einen größeren Gesprächskreis haben. Ich habe von ihnen einen Namen und ein Postfach.

Sie können aber nicht ausschließen, daß sich eine rechte Organisation dahinter verbirgt?

Nein, das kann ich nicht. Mit einzelnen rede ich gerne, aber ich setze mich nicht mit den geistigen Brandstiftern an den Tisch. Und zu denen gehört der NPD-Bundesvorstand beziehungsweise der Vorstand der Jungen Nationaldemokraten.

Wie wollen Sie die Gesprächsrunde in der vorgesehenen Zusammensetzung arrangieren?

Wenn die sich so benehmen wie verabredet, also keine Nazi-Sprüche und keine Nazi-Embleme mit in die Jugendbegegnungsstätte Buchenwald bringen, dann diskutiere ich mit ihnen. Merke ich aber, daß sich in der Gruppe Führungskader befinden, breche ich das Gespräch sofort ab.

Nun könnten die sich ja auch tarnen.

Ich kriege das nach kurzer Zeit mit, mit welchen Gesprächspartnern ich es zu tun habe. Das bemerke ich am Diskussionsverlauf, und außerdem habe ich im Laufe der letzten zwei Jahre mit mehr als 200.000 jungen Menschen geredet. Da entwickelt man schon ein sicheres Gespür dafür.

Man kann sich aber leicht ausmalen, wie ein solches Gespräch zur PR-Aktion gedreht wird.

Logisch. Deshalb habe ich es auf die Mitläufer beschränkt, bei denen ich das Gefühl habe, daß sie eine echte Diskussion wollen.

Die sehen Sie als die „Verführten“. Was wird das Thema sein?

Die haben ein paar Parolen in ihrem Kopf und ansonsten viele Fragen. Darauf will ich antworten. Denen erkläre ich, was der Nationalsozialismus war und wohin er führte. Ich würde denen sagen, daß die Nazis womöglich irgendwann gesagt hätten, Glatzen ins KZ.

Weswegen?

Warum denn nicht, wenn man das Idealbild vom adretten Nazi nimmt. Was hat denn Hitler mit der SA-Führung 1934 gemacht? Der hat die doch umgebracht.

Sie haben als Gesprächsort die Gedenkstätte Buchenwald vorgeschlagen. Süffisant sagt die NPD: „Wir halten das nicht für sinnvoll, da dies doch eigentlich ein Ort des stillen Gedenkens sein sollte.“

Wozu sonst sollte denn die Jugendbegegnungsstätte dasein? Außerdem: Wann hat es das schon mal gegeben, daß junge NPD- Leute sagen, Buchenwald ist ein Ort des stillen Gedenkens? Interview: Annette Rogalla