Saubermann, rette die Welt!

Der Gebäudereiniger Rainer Gossmann soll als neuer DEB-Präsident Sportart und Deutscher Eishockey Liga zu neuem Glanz verhelfen  ■ Aus München Holger Gertz

Der kluge Mann denkt voraus und räumt beizeiten alles beiseite, was irgendwann negative Symbolik entfalten könnte. Nach dem Verbandsparteitag wollten die Photographen die eben bestallten Vorstandsherren des Deutschen Eishockey-Bundes ablichten, vor dem Rednerpodium. Da hat Rainer Gossmann, der neue Präsident, schnell noch ein paar Mineralwasserflaschen aus dem Blickfeld gerückt. Denn sonst, hat er gesagt, „holt ihr die Bilder doch bei erster Gelegenheit raus und schreibt drunter: Da stehen sie, die Flaschen“.

Lieber nicht. Geschimpft, beschuldigt, gepöbelt haben alle genug im deutschen Eishockey, und da tat es ganz gut, daß bei der Neuwahl des Präsidiums alles viel ruhiger zuging als erwartet. Ein edler Konferenzraum eines Münchner Hotels war Schauplatz, Samstag früh um elf ging es los, und fünf Minuten später war schon die Spannung verpufft. Da kletterte Ulf Jäkel (49) mit bleichem Gesicht vom Rednerpodest herunter, nachdem er seinen Rücktritt als DEB-Präsident verkündet hatte. Wochenlang hatte der Kaufbeurer um sein Amt gekämpft, allen Vorhaltungen zum Trotz, er habe eigene Interessen mit denen des Verbandes verquickt, sei als Konstrukteur der Profi-Eishockeyliga DEL für deren Anlaufschwierigkeiten verantwortlich, hätte niemals dem von Anfang an maroden Unternehmen Maddogs München die Startberechtigung erteilen dürfen. Wie immer sich das verhält: Im Präsidium haben sie sich über all die Fragen zerstritten, der Präsident verkehrt mit seinem Vize Wolfgang Bonenkamp nur mehr per Rechtsanwalt, die Geschäftsführer und alten Kumpel Franz Reindl und Franz Hofherr sind inzwischen, wie die Frankfurter Allgemeine festgestellt hat, „wieder zum Sie übergegangen“. Und weil das alles in aller Öffentlichkeit ausgetragen wurde und dem Ansehen der Puckschläger schon genug geschadet hat, war ein Wechsel an der Spitze der Föderation die beste Lösung: Fortan umfaßt der Vorstand neben Präsident, den Vize Rudolf Schnabel, den Schatzmeister Wolfgang Sorge sowie noch zwei weitere Mitglieder, je einer aus den Nord- (Dieter Pflügl) und einer aus den Süd-Ligen (Jochen Daniels).

Der neue Chef vermittelt allein von der Optik her das Gefühl, so leicht könne ihn nichts umhauen, und das läßt ihn geeignet erscheinen, die Dinge auf die Reihe zu kriegen. Eine Hand in der Hosentasche, mit der anderen seine Worte behutsam bekräftigend, stellte sich Gossmann (53) den Delegierten vor und versprach, sich für kleine und große, nördliche und südliche Klubs gleichermaßen einzusetzen: „Sie können mich beim Wort nehmen. Probieren Sie es aus.“ Torwart ist er früher gewesen, hat 1968 zweimal in der Nationalmannschaft gespielt, und hätte er sich nicht bei einem Vorbereitungslehrgang einen Finger gebrochen, wäre er vielleicht sogar zum Olympioniken aufgestiegen. Den Job als Schatzmeister der Düsseldorfer EG wird Gossmann jetzt aufgeben. Das hatte er schon vor dem Wahlgang gesagt, in dem er im übrigen mit allen verfügbaren 337 Stimmen gewählt wurde und nach dem er nicht vergaß, Vorgänger Jäkel „trotz aller Probleme für seine Arbeit zu danken“. Das war fair, klang ehrlich und unterstrich den Ruf, den Gossmann in der Szene hat: Ein griffiger Typ zu sein und damit eine Ausnahme im von allerlei veritablen Selbstdarstellern beherrschten Eishockeysport.

Wie es fortan mit der DEL weitergehen soll, hat der DEB-Präsident schon mal vorgegeben. Selbstverwalten soll sich die Profiliga, allerdings über einen Sonderstatus weiter im Verband bleiben, Auf- und Abstieg sollen wiedereingeführt werden. Über all das, auch wie man mit den DEL-Geschäftsführern Reindl und Hofherr zu verfahren hat, wird der DEL- Beirat in den nächsten Wochen zu befinden haben. Ob er mit seinem persönlichen Vermögen einspringen werde, wenn die geldliche Not in Liga und Verband allzu groß zu werden droht, hat einer von Gossmann wissen wollen. Aber der hat gesagt, es könne „nicht Aufgabe des Präsidenten sein, für die Fehler anderer in die Schatulle zu greifen“. Abwarten, sieben DEL- Clubs wollen Schadenersatz für die entgangenen Heimspiele gegen die verblichenen Maddogs haben! „Eines der vielen Probleme, die wir lösen müssen“, sagt Gossmann, der sich am Abend vor der Wahl „bei einem Glas Bier“ mit dem Amtsvorgänger darauf verständigt hatte „keine schmutzige Wäsche mehr zu waschen“, um den entstandenen Image-Schaden nicht noch zu vergrößern.

Die Krise wird Gossmann nicht ständig von der Münchener DEB- Zentrale aus managen können, dafür wird er regelmäßig von Düsseldorf einfliegen. Dort hat er schließlich noch jede Menge zu tun als Chef einer Dienstleistungsfirma mit einem Jahresumsatz von 300 Millionen Mark. Einer Gebäudereinigungsfirma, um genau zu sein. Ist das nicht die treffliche Symbolik für einen, der ein Saubermann sein will, und den die Eishockeywelt auserkoren hat, sie reinzuwaschen?