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: Frisches Blut ins Dreyeckland

Alternativmedien sind erfinderisch, wenn es um dramatische Rettungsaktionen geht. Ähnlich wie die taz 1992 zog sich jetzt auch der Freiburger Regionalsender „Radio Dreyeckland“ (RDL) an den eigenen Haaren aus dem Sumpf. Für eine Woche stellten die rund 200 ehrenamtlichen AlternativfunkerInnen den Sendebetrieb ein, um sich ganz der Werbung neuer Mitglieder für den RDL- Freundeskreis zu widmen. An allen strategischen Orten der Alternativszene, im Buchladen „Jos Fritz“ oder abends in der Kneipe, ständig mußte man mit den HäscherInnen des freien Radios rechnen. Über den Äther lief derweil ein Endlosband, das die rund 40.000 HörerInnen auf die Werbeattacken vorbereitete.

Erfolg der Aktion: mehr als 450 neue Mitglieder. Damit hat der zuletzt auf rund 2.000 Mitglieder geschrumpfte Freundeskreis seinen einstigen Spitzenwert wieder erreicht. Zehn Mark monatlich betragen die „alternativen Rundfunkgebühren“. Damit bestreitet RDL seinen Kernetat. Die Landesanstalt für Kommunikation übernimmt ihrerseits die Sende- und Leitungskosten.

Auf Werbung verzichtet RDL völlig. Mehr als die Hälfte der RDL-Ausgaben von jährlich rund 500.000 Mark geht in Zusatzprojekte. So finanziert die EU-Kommission ein internationales Programmtauschprojekt, und mehrere Stiftungen unterstützen personalintensive Radioinnovationen: Sendungen zur Arbeitswelt, aus einem Problem-Stadtteil und über Jugendliche aus der Region. Diese Programme sollen sich nach einer Anlaufphase auch ohne hauptamtliche Kräfte weiterentwickeln.

„Radio Dreyeckland ist pleite“, hatten einige etablierte Medien mit und ohne Schadenfreude die Sendepause mißverstanden. Das wollte und mußte RDL mit der Kampagne natürlich widerlegen. Schließlich verhandelt der einstige PiratInnensender, der seit 1987 legal ausstrahlt, gerade über eine Lizenzverlängerung bis zum Jahr 2002. Inzwischen weiß auch die Landesanstalt für Kommunikation, daß eine Rettungsaktion eben nicht ohne dramatische Zuspitzung auskommt.Christian Rath