Ein Suchtnetzwerk für Frauen

■ Bremer Tagung holt sich Anregungen aus ganz Norddeutschland

„Frau sein in dieser Gesellschaft heißt abhängig sein“, sagte gestern Gisela Haller bei der Bremer Tagung „Frauen und Sucht“. Die Psychologin aus Nordheide referierte zu „Frauenrolle und Alkoholismus“ und hob dabei hervor, daß Gewalterfahrungen, insbesondere sexueller Mißbrauch in Kindheit und Jugend, Frauen in die Sucht führten. Jedoch fehlten in Deutschland eine frauenspezifische Suchtforschung und flächendeckende frauenspezifische Therapie- und Beratungsangebote.

Neue Ideen sowie Praktisches für Mitarbeiterinnen und Träger aus den Bereichen Suchthilfe und Suchtprävention erhofft man sich von der Tagung. Die wenigen norddeutschen Expertinnen zu „Frauen und Sucht“ bringen dazu für zwei Tage ihre Erfahrungen nach Bremen. Neben Alkohol sind dabei (il)legale Drogen, Eßstörungen, Tabletten gleichermaßen Gegenstand ihrer Vorträge und Workshops. Hilke Eden, Mitarbeiterin des Landesdrogenbeauftragten: „Wir wollen Anregungen für eine Gesamtvernetzung für süchtige Frauen in Bremen.“ Kliniken, Selbsthilfegruppen, Horthäuser, Apotheken, Kirchen und Behörden müßten sich endlich zusammentun.

„Da gibt es noch große Lücken in der Stadt“, bemängelte auch die Bremer Frauenbeauftragte Ulrike Hauffe. Die vorhandenen Fördermittel könnten doch auf neue Bereiche umgeschichtet werden. Bremens aus der Friesenstraße vertriebene Prostituierte müßten besser geschützt und versorgt werden. Auch das Problem Substitution und Schwangerschaft sei gänzlich ungelöst (substituierende Frauen haben wieder ihren Eisprung, können also schwanger werden). Suchtprävention für Mädchen gebe es bislang nur in allerkleinsten Ansätzen.

Neue Studien belegen jedoch, daß 60 Prozent abhängiger Kranker aus abhängigen Familien kommen, Mädchen also eine wichtige Zielgruppe für die frauenspezifische Suchtarbeit sind. Der Arbeitskreis „Gesundheit im Bremer Westen“ versucht da erste Schritte: „Wir gehen in Freizis, Schulen, Familien, initiieren Wendo-Kurse für Mädchen, trainieren sie im Nein-Sagen“, berichtet Gabi Schneider vom Gesundheitstreffpunkt West. „Wir müssen uns zum Beispiel aber auch für vernünftige Kinderspielplätze stark machen.“ sip

Die heutigen Referate: „Suchtprävention“ (9 Uhr), „Frauenspezifische Therapie“ (10 Uhr), „Suchtselbsthilfe“ (11 Uhr), „Angehörige von Suchtkranken“ (12 Uhr), alle Konsul-Hackfeld-Haus, Birkenstr. 34. Die Workshops sind ausgebucht.