"Ein Zivilfahnder muß cool sein"

■ Jährlich entscheiden sich in Berlin etwa dreißig ausländische Jugendliche für eine Berufslaufbahn bei der Polizei / Geld, Sicherheit und ein "gewisser sozialer Aufstieg" sind ihre Motive

Clarence Arndt hatte irgendwann Angst, seinen Job in der freien Marktwirtschaft zu verlieren. Zu viele Schwarzarbeiter seien bereit, für wenig Geld zu arbeiten. Was tun, um sicheren Auges in die Zukunft blicken zu können? Der 25jährige Filipino kam zu dem Schluß: „Beamter zu sein wäre nicht schlecht.“ Bevor er noch mehr über seine niederen Beweggründe plaudern konnte, unterbrach ihn Innensenator Dieter Heckelmann (CDU).

Denn der hatte Arndt und andere ausländische Polizeischüler in die Senatsverwaltung für Inneres eingeladen, damit sie über ihre Erfahrungen in der Ausbildung berichten. Also bat er Arndt, der Presse etwas über die Gründe seiner Berufswahl zu erzählen. „Mich motiviert Geld“, ließ er Heckelmann erneut im Stich. „Seien wir doch mal ehrlich“, fügte er lachend hinzu. „Man ist abgesichert, also bin ich zur Polizei gegangen. Ich hätte ebensogut bei der Feuerwehr landen können.“

Clarence Arndt ist einer von knapp dreißig angehenden Polizisten ausländischer Herkunft, die aus den verschiedensten Gründen zur Polizei gegangen sind. Bei einigen türkischen Frauen ist es eine Alternative zu Kindern und Haushalt, bei andern die Sehnsucht nach Teamarbeit. Auch begeisterte Schilderungen des Polizeidienstes von Verwandten waren ausschlaggebend. Die Zahlen seien leicht steigend, sagte Heckelmann. Einen proportionalen Zuwachs zu den zwölf Prozent Ausländern in Berlin werde es aber nicht geben. Denn die Bewerbungsflut halte sich in Grenzen, und oft gebe es objektive Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Ein Ausbilder lobte die hohe Motivation vieler Schüler. Den Grund vermutet er in den „Chancen für einen gewissen sozialen Aufstieg“.

Gürsos Erdogan jedoch sieht den Reiz seines Berufs eher darin, „mit zerrissenen Hosen und langen Haaren die Kelle zu schwingen“ und Führerscheine zu kontrollieren. „Ein Zivilfahnder muß cool sein“, sagte der (noch?) kurzhaarige zwanzigjährige Türke. Die anfängliche Angst vor dem Deutschdiktat war unbegründet: „Das war Pipifax.“

Es gab gestern aber auch Polizeischüler, die Heckelmann alle Ehre machten, wie beispielsweise die 21jährige Hayat Hayta. Bevorstehenden Gewissenskonflikten zwischen Deutschen und Landsleuten werde sie mit „konsequentem Durchgreifen“ begegnen. „Ich bin in erster Linie Polizeibeamter und identifiziere mich mit dem Staat.“

Auch auf die 21jährige Konta Vicenca aus dem ehemaligen Jugoslawien kann Heckelmann stolz sein. Sie sprach sich dagegen aus, daß der Abschnitt 27 die „ausländerfeindlichste“ Wache sei. Oftmals würden sich „Bürger“ etwas ausdenken, „um den Polizisten richtig Angst zu machen, ohne zu wissen, daß das eine Beförderungssperre zur Folge hat“. „Ich warte nur, daß einer zu mir kommt und sagt, ich hätte ihn mit „Scheiß- Ausländer“ beschimpft. Dem werde ich aber was erzählen.“

Besser hätten Heckelmanns einführende Worte zu den Ermittlungsverfahren gegen Polizisten „wegen angeblich ausländerfeindlicher Haltung gegenüber Vietnamesen“ nicht ergänzt werden können: „Aus meiner Sicht gibt es keinerlei gesicherte Angaben dafür.“ Barbara Bollwahn