Anti-Streik-Urlaub

■ Die neueste Arbeitgeber-Strategie

Mindelheim (taz) – Der Mann ist immer für eine Überraschung gut. 1993 stand er als Reiseveranstalter für politische Amigos im Rampenlicht. Frühere bayerische Ministerpräsidenten konnten sich auf seiner brasilianischen Hazienda „Duas Irmãs“ von den Strapazen des politischen Alltags erholen. Jetzt, zwei Jahre später, urlauben andere auf Kosten von Burkhart Grob (69). Gestern, Schlag 12 Uhr, schickte er 1.646 Beschäftigte seines Maschinenbau-Unternehmens in einen bezahlten Sonderurlaub. Weil der wegen Bestechung in der sogenannten Lapas-Affäre verurteilte Grob in seiner Firma um keinen Preis einen Streik will, verordnete er ihnen Anti-Streik- Feiertage.

Gestern verhinderte er eine vom Betriebsrat beantragte Versammlung und lud statt dessen zur eigenen Show ein. Die Überraschung war perfekt. Ab sofort und bis der Streik zu Ende ist werden alle Räder stillstehen, verkündete er, nicht ohne erst einmal um Gegenleistungen zu feilschen. Wer von den Mitarbeitern freiwillig mit der großzügigen Firma Solidarität üben möchte, könne für die Dauer des Streiks Resturlaub nehmen. Wer dies aber nicht wolle, könne auf seine Kosten freimachen, verkündigte Grob. Daraufhin jubelten die Beschäftigten, und die Gewerkschaft war verblüfft. Von solch einer raffinierten Steikbrecherstrategie hatten sie noch nie gehört. Unternehmer Grob ist von seinem Anti-IG-Metall-Konzept überzeugt: Sein Geschäftsführer Karl Rehm zur taz: „Die Kluft zwischen Streikenden und Nicht- Streikenden hätte für die Firma über Jahre hinweg eine verringerte Produktivität bedeutet. Das wäre uns teurer zu stehen gekommen als jetzt der bezahlte Sonderurlaub.“ Klaus Wittmann