Staatsanwalt bei Gauck

■ Durchsuchung wegen Uwe Barschels Tod / Gauck-Behörde beschwert sich

Berlin (taz) – Eine von der Staatsanwaltschaft Lübeck betriebene Durchsuchung der Berliner Gauck-Behörde endete gestern mit einer Schlappe für den angereisten Ankläger. Hintergrund der Aktion ist der Fall des verstorbenen niedersächsischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel, der gegenwärtig von der Lübecker Behörde zum wiederholten Male aufgerollt wird, und ein Tip der Zentralen Ermittlungsstelle zur Aufklärung von Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) in Berlin. Die Lübecker Staatsanwälte gingen nach einem Hinweis der ZERV davon aus, daß es in den Unterlagen der Gauck-Behörde einen rund zwanzig Zentimeter hohen Stapel an Stasi-Akten geben müsse, der ihnen bislang vorenthalten worden sei. Das Durchsuchungsbegehren wurde vom Amtsgericht Lübeck abgesegnet.

Gestern nun rückte Staatsanwalt Sela mit einigen Zivilpolizisten an – rechtswidrig, wie die Gauck-Behörde meint. Das Stasi- Unterlagen-Gesetz sehe nun einmal vor, daß nur das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin derartige Schritte veranlassen könne. Trotzdem ließ man den Staatsanwalt vor, nachdem er nun schon einmal da war. Zur eigenen Verblüffung mußte Sela feststellen, daß ihm die angeblich vorenthaltenen Unterlagen so unbekannt nicht waren. In einem Aktenbenutzungsblatt war sein Name verzeichnet – die Akten wurden ihm bereits vor zwei Jahren ausgehändigt. Der Sprecher der Gauck-Behörde, Thomas Rogalla, nannte den Vorfall „einigermaßen fragwürdig“. Er kündigte eine Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluß an. Fragwürdig finden Gaucks Mitarbeiter weiter, daß der Dursuchungsbeschluß sich auch auf Privatwohnung und Datsche des zuständigen Referatsleiters erstreckte. Damit werde unterstellt, er habe gegen den Auftrag der Behörde verstoßen. Weshalb die Lübecker Staatsanwaltschaft nicht telefonisch nachfragte, bleibt offen. Vor kurzem noch hatte der leitende Oberstaatsanwalt Wille, zuständig für den Fall Barschel, die Kooperationsbereitschaft der Gauck-Behörde hervorgehoben. Wolfgang Gast