Gundremmingen soll noch heißer werden

■ Das Bayerische Verwaltungsgericht verhandelt über die erste Genehmigung, MOX-Elemente aus Uran und Plutonium in einem Siedewasserreaktor einzusetzen

Gundremmingen (taz) – Das Streitobjekt liegt seit langem im Atomkraftwerk bereit und hat runde 48 Millionen Mark gekostet. Es handelt sich um 16 MOX-Brennelemente, die neben Uran auch Plutonium aus der Wiederaufarbeitung verbrauchter Kernbrennstäbe enthalten. Zum ersten Mal soll ein solches Gemisch auch in einem Siedewasserreaktor bei voller Leistung eingesetzt werden. Nur kommt die bayerische Weltpremiere ein bißchen spät. Die deutsche Atomindustrie hat gerade den Ausstieg aus der teuren Wiederaufbereitungstechnik beschlossen. Manfried Lasch von der Betreibergesellschaft des Atomkraftwerks meint trotzdem, die einst in Hanau eigens für Gundremmingen gefertigten MOX-Elemente könnten schon nach der nächsten Revision des 1300-Megawatt-Reaktors eingebaut werden. Doch dem Atommanager schwant nichts Gutes. Am 7. März wird vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof über eine Klage der Städte München und Augsburg sowie von acht Privatpersonen verhandelt. „Wir möchten das Gericht nicht unter Druck setzen“, sagt Lasch. Das zumindest ist neu. Das Genehmigungsverfahren ist bisher in sehr freizügigem Stil durchgepeitscht worden. Die Physikerin Karin Wurzbacher wirft dem Bayerischen Umweltministerium vor, „kräftig getrickst“ zu haben. Die sogenannte 7. Änderungsgenehmigung für den Gundremminger Reaktor sei „quasi unter Ausschluß der Öffentlichkeit“ durchgeführt worden.

Mitglieder des Bündnisses „Schutz vor MOX“ haben diese Woche die Argumente noch einmal dargstellt, die in den Anhörungen vom Tisch gewischt wurden. Der Münchener Atomphysiker Klaus Buchner hält die ganze Sache schlicht für einen „Großversuch mit ungewissem Ausgang“. Das Umweltministerium habe „eine Blanko-Genehmigung erteilt, die auch Betriebszustände des Reaktors zuläßt, die mit Sicherheit in eine Katastrophe führen“ würden.

Beinahe wäre es im US-amerikanischen Siedewasserreaktor von La Salle dazu gekommen. Die Plutoniumbeimischungen führen zu Zonen überhöhter Leistung, die im Reaktorkern unberechenbar hin und her pendeln. In La Salle drohte deswegen die Kettenreaktion außer Kontrolle zu geraten. Für Gundremmingen habe bisher niemand geklärt, sagt Buchner, mit welchen Mischungen von Spaltmaterial dieser Reaktor sicher zu betreiben sei. Das Versprechen der Betreiber, die MOX-Elemente vor dem Einbau nachzumessen, sei deshalb bedeutungslos.

Mehr als 37.000 Menschen haben Protesterklärungen gegen den Plan unterschrieben. Der Betreibergesellschaft fiel bisher nur die Antwort ein, daß der MOX-Einsatz in Druckwasserreaktoren längst üblich sei. Die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW), selbst Betreiber von zwei Siedewasserreaktoren (Krümmel und Brunsbüttel), argumentieren vorsichtiger. Auch sie haben einen Antrag für MOX-Elemente gestellt, aber nur, weil das Atomgesetz bisher diesen sogenannten Entsorgungsweg vorsah. Seit der Atomrechtsnovelle vom vergangenen Jahr besteht kein Grund mehr zur Eile. „Die Lage ist völlig offen“, sagt der HEW-Sprecher, das bayerische Verfahren habe keinen Einfluß auf die Entscheidungen an der Elbe. Klaus Wittmann