Arbeitgeber stellen sich tot

■ Metallarbeitgeber erhalten Druck aus den eigenen Reihen: AEG bemängelt die "nicht lösungsorientierte Haltung" / Der DGB solidarisiert sich mit den Streikenden

Hannover/Berlin (taz/dpa) – Der erste Streik in Bayerns Metall- und Elektroindustrie seit 41 Jahren ist gestern „kraftvoll“ angelaufen. 11.000 Gewerkschaftsmitglieder in 21 Betrieben waren zum Arbeitskampf aufgerufen worden. Die Streikschwerpunkte lagen in Nürnberg, Augsburg und Ingolstadt. Rund 12.000 Kollegen in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland solidarisierten sich laut Gewerkschaft mit den Bayern, wo in diesem Jahr der Pilotabschluß für alle der insgesamt 3,5 Millionen Beschäftigten der westdeutschen Metallindustrie zustande kommen soll. Die IG Metall fordert sechs Prozent mehr Lohn und Gehalt und hält an der 35-Stunden-Woche von Oktober an fest. Diese schlage im laufenden Jahr maximal mit 0,35 Prozent bei den Lohnkosten zu Buche, so IG-Metall-Chef Klaus Zwickel. Er warnte zugleich vor Aussperrungen, durch die Hunderttausende von Menschen in Existenznot gerieten.

Im Falle einer Ausperrung wollen die übrigen DGB-Gewerkschaften die IG Metall finanziell unterstützen, sagte DGB-Vorsitzender Dieter Schulte gestern in Hannover. Zu den Folgen einer „kalten Aussperrung“, wie sie der umstrittene Paragraph 116 des Arbeitsförderungsgesetzes seit 1986 außerhalb des umkämpften Tarifgebietes erlaubt, äußerte sich in Hannover der Justitiar der IG Metall, Kittner. Für ihn ist die IG Metall „in keiner Weise in der Lage“, an außerhalb des umkämpften bayrischen Tarifgebietes ausgesperrte Mitglieder Unterstützungsleistungen zu zahlen. Streiks der gleichen Größenordnung, wie der letzte des Jahres 1984, würden die IG Metall etwa 800 bis 900 Millionen Mark kosten. Dies entspreche der gesamten Summe, die seine Gewerkschaft seit 1984 als Überschuß erwirtschaftet habe, sagte der IG-Metaller.

Die Arbeitgeber haben bislang in keinem Tarifbezirk ein Angebot vorgelegt – was die Manager der Nürnberger AEG-Hausgeräte GmbH heftig erzürnt. Scharf kritisieren sie das abwartende Verhalten der Metallarbeitgeber und drohen mit dem Abschluß von Haustarifverträgen. Vorstandsvorsitzender Carlhanns Damm sprach verärgert von einer „nicht lösungsorientierten Verhaltensweise der Arbeitgeberverbände“.

Firmensprecher Reiner König schloß auch einen Austritt aus dem Verband nicht mehr aus. Etwa 25 Prozent aller am Streik beteiligten Metaller sind laut Damm bei AEG-Hausgeräte in Nürnberg und Rothenburg beschäftigt.

Der bayerische Verband der Metallarbeitgeber und der Dachverband Gesamtmetall tagen am kommenden Donnerstag in München.