Gauck: Lübecker Gericht verstieß gegen Gesetz

■ Streit um Durchsuchung der Gauck-Behörde

Berlin (taz) – Die Lübecker Staatsanwaltschaft läuft Gefahr, sich vollends zu blamieren. Der Leitende Oberstaatsanwalt Heinrich Wille behauptete gestern in Lübeck, die Gauck-Behörde würde im Zusammenhang mit den Ermittlungen der Todesumstände des früheren Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Uwe Barschel, der Justiz „Beweismittel vorenthalten“. Den Vorwurf wird er kaum aufrechterhalten können. Wille hatte am Tag zuvor einen seiner Mitarbeiter zur Behörde des Bundesbeauftragten geschickt. Der Mann sollte – mit einem Dursuchungsbefehl des Amtsgerichts der Hansestadt im Gepäck – nach neuen Unterlagen fahnden. Die Akten fanden sich, gleichzeitig stellte sich aber heraus, daß der Staatsanwalt diese bereits 1993 eingesehen hatte.

Der Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, hat sich unterdessen in einem Brief an den schleswig- holsteinischen Justizminister Klingner gegen die Aktion verwahrt. Den Durchsuchungsbeschluß nannte Gauck rechtswidrig, er verstoße gegen die Bestimmungen des Stasi-Unterlagengesetzes. Nur das Berliner Oberverwaltungsgericht sei zu solchen Maßnahmen befugt. Wille erklärte, bei der Sichtung seien Dokumente gefunden worden, die Barschel betreffen und sich in der Behörde offenbar schon länger befanden. Gauck-Sprecher Rogalla wies den Vorwurf zurück. Über die der Staatsanwaltschaft bereits bekannten Akten hinaus habe Willes Mitarbeiter lediglich Protokolle „zum diffusen Umfeld Barschel“ erhalten, die in der Behörde selbst erst vor wenigen Tagen gefunden wurden. Diese seien bereits zum Versand nach Lübeck vorgesehen gewesen.