■ Kein Berliner Gipfelprogramm
: Klimapleite

Die letzte politische Großkonferenz in Berlin, das Treffen des Internationalen Währungsfonds 1988, ist vielen Menschen noch nachhaltig in Erinnerung – und sei es durch den polizeilichen Ausnahmezustand. Ein Beleg, wenn auch ein zweifelhafter, daß der Senat den IWF-Gipfel ernst genommen hat. Ernster jedenfalls als die Klimakonferenz, die doch durch den Besuch von Tausenden Fachleuten, Journalisten und Delegierten der Stadt eine erstklassige Chance bietet, Berlin von seiner besten und zukunftsorientierten Seite zu präsentieren. Ein Senat, der seit Jahren vergeblich nach einem Werbekonzept sucht und bislang nur vermochte, den Herrn des Papp- Schlosses zum Fachmann fürs Werben zu machen, müßte über eine solche Geglegenheit mehr als glücklich sein.

Aber Fehlanzeige. Profunde Vorbereitung und ein weitgefächertes Rahmenprogramm zum Treffen der Diplomaten findet man eher beim Bündnis aus Ökogruppen und Nichtregierungsorganisationen. Dort geht man das politische Großereignis offenbar professioneller an als im Senat. Es ist schon merkwürdig, daß der eigentlich für Umweltschutz zuständige Staatssekretär Wicke (CDU) vor der Konferenz in einen mehrwöchigen Urlaub geht. Das kann man aber auch anders verstehen: als feinsinnige Distanzierung des engagierten Umweltexperten von einer desolaten Vorbereitung des Berliner Programms.

Wenn in den letzten Tagen immer mehr Veranstaltungen abgeblasen wurden, so ist dies nicht in jedem Falle tragisch. Über manchen Flop muß man eher erleichtert sein. Was Umweltsenator Hassemer noch vor wenigen Wochen als Veranstaltungen pries, um den bedrohlichen Zustand des Planeten den Menschen sinnlich erfahrbar zu machen, waren zumeist unausgegorene Hirngespinste. Manche der von einer Werbeagentur ausgebrüteten Ideen, wie die energiefressende Eispyramide, hätten dem Anliegen des Klimagipfels sogar Hohn gesprochen und Berlin lächerlich gemacht.

Kritisieren muß man vielmehr den Senat und Umweltsenator Hassemer, der sich für Umwelt nicht interessiert, daß sie die Vorbereitung so fahrlässig handhaben. Hinter dem Argument, für die Durchführung der Konferenz sei die Bundesregierung verantwortlich, kann sich der Senat nicht verstecken. Das ist zwar nicht falsch, aber von der Welt wird das wahrgenommen, was in Berlin vor den Konferenztüren passiert.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Berlin einer Pleite entgegengeht. Gerd Nowakowski