Klimagipfel wird für den Senat zum Fiasko

■ Programm für interessierte Bevölkerung bieten die Nichtregierungsorganisationen

Vom geplanten Rahmenprogramm zum UN-Klimagipfel, zu dem Ende März etwa 5.000 Gäste in Berlin erwartet werden, ist kaum noch etwas übrig. Wegen Finanzmangels kippt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz eine Veranstaltung nach der anderen. Lediglich auf die Nichtregierungsorganisationen kann noch gehofft werden. Die taz sprach mit Rainer Hagendorf vom Berliner „Netzwerk Klimagipfel“ und Hermann-Josef Tenhagen vom „Klimaforum“, das die Aktionen der internationalen und nationalen Initiativen koordiniert.

taz: Staatssekretär Wolfgang Branoner verlegt sich inzwischen auf spontane Aktionen. Wie schätzen Sie die Außenwirkung des offiziellen Rahmenprogramms ein?

Hagendorf: Ist denn davon noch was übrig? Doch nur noch der Hochseilakt, der den Blick der Leute auf die Wolken lenken soll, um sie von den Problemen abzulenken. Da wurde die ganze Welt vollmundig zu einem Gipfel eingeladen, und jetzt kann oder will man das Rahmenprogramm nicht bezahlen. Gleichzeitig werden jedoch Milliarden gegen den Klimaschutz verplant. Beispiele sind der Tiergartentunnel und der Innenstadtring. Da sehen alle Gäste gleich den Stellenwert, den Klimaschutz hier in Berlin hat.

Tenhagen: Das ist wirklich ein Fiasko. Der Senat hat überhaupt kein Konzept, wie er mit dem Gipfel umgehen soll. Er will, daß Berlin gut aussieht, aber da die zentralen Verwaltungen Bau und Verkehr nicht mitmachen, kann das gar nicht klappen. Verbalökologie reicht einfach nicht aus.

Was planen denn die Nichtregierungsorganisationen?

Tenhagen: Es laufen bestimmt 100 Konferenzen und Workshops, zum Beispiel die Jugend-Klimakampagne mit 600 bis 700 Teilnehmern aus ganz Europa, die verschiedene Aktionen auf den Straßen machen werden. Der Naturschutzbund hat eine Konferenz zu den nordischen Wäldern organisiert, eine „Wald“-Performance ist Teil des Jugend-Künstler-Klimagipfels, und am Wochenende starten die Klima-Film-Tage.

Was machen die Berliner Initiativen?

Hagendorf: Unsere Großveranstaltungen finden statt. Die Fahrradsternfahrt am autofreien Sonntag, also am 1. April, eine Demo am Tag davor und am 6. April die Menschenkette ums ICC, die sich als Lichterkette in die Innenstadt fortsetzen soll. Außerdem organisieren die gut 30 umwelt- und entwicklungspolitischen Initiativen im Netzwerk zahlreiche Podiumsdiskussionen, wir versorgen Straßenfeste mit Informationstafeln, und im Rathaus Charlottenburg wird zum Beispiel am 9. März unsere Ausstellung „Bedrohte Völker der Welt“ eröffnet. Für den 2. April ist in Zusammenarbeit mit den Kirchen um fünf vor zwölf ein „Klimaläuten“ der Glocken geplant. Und zum Frühlingsanfang bauen wir am Falkplatz eine „lebende Sonnenuhr“ aus 1.600 Steinen, die Kinder in ihren Schulen und Freizeitstätten aus Ton gebrannt haben.

Welcher Etat steht den im Netzwerk zusammengeschlossenen Initiativen dafür zur Verfügung?

Hagendorf: Wir haben 22.000 Mark aufbringen müssen, mit 44.000 Mark unterstützt uns die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit. Wir dürfen kostenlos fotokopieren, die Verwaltung verschickt unsere Post.

Allein die Berliner Lottogesellschaft unterstützt den Gipfel mit 2,7 Millionen Mark. Dennoch sagt die Landesregierung, es gebe zu wenige Sponsoren.

Tenhagen: Das ist auch wirklich kein Wunder. Die ganze Vorbereitung des Senats ist eine einzige Papierfassade; sobald man nachfassen möchte, greift man hindurch und macht dabei ein Loch – bis die Fassade so löchrig ist, daß sie wegfliegt. Die Sponsoren wollen sich einfach nicht mit blamieren, daher fallen die aus. Interview: Christian Arns