Stulle bei Laotse

■ Vorabend ohne Blut, Generalamnestie für alle Tankstellenbesitzer: Ab heute ermittelt Kommissar "Zappek" jeden Mittwoch für die ARD in Berlin (18.54 Uhr)

Wenn die komplette Krimiserie so spannend ist wie dieser Dialog lustig, dann scheint die ARD gerettet: Kriminalkommissar Zappek zu seinem halbwüchsigen Zeugen Ali: „Haste schon mal was von Laotse gehört?“ Knirps Ali zu Zappek: „Laotse kenn' ich, da war ich schon mal essen!“ So pflegt man vor allem in Berlin das aufgeschlossene Gespräch. „Zappek“, die neue Vorabendserie aus der ersten Reihe, spielt denn auch in der Stadt, die nicht so richtig Hauptstadt werden will. „Zappek“ möchte gern „Atmosphärisches“ einfangen und eine „andere Perspektive“ auf Berlin einnehmen. Solche oft gehörten Worte geben Anlaß zu Mißtrauen, aber im Fall „Zappek“ wird dasselbe aufs angenehmste enttäuscht. Die Serie kommt nicht nur ohne Ströme von Blut aus, bei „Zappek“ sind die Fälle auch nah am Leben, die Rollen pfiffig gestrickt und hervorragend besetzt. ORB und ARD bewiesen ein glückliches Händchen, als sie das Drehbuch zu ihrer ersten allein vom Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg verantworteten Gemeinschaftsproduktion unter anderen den „Grafit“-Krimiautoren Michael Illner und Leo P. Ard übertrugen.

Die televisionäre Rechenaufgabe „Berliner Schnauze mal böse Ränke plus Erdung im abgetakelten Hinterhof“ ergibt hier vermutlich den potentiellen Quotenhit – das Beste scheint immer noch, dem Volk aufs Maul zu schauen. Uwe Kockisch als leicht unrasierter Ost- Zappek und Claudius Freyer in der Rolle des um etliche Karstadt-Spuren eleganteren West-Mentors Polikeit teilen sich ein Ermittlungsbüro neben der großmütigen Chefin Verheugen (Karin Gregorek). Die tippt auch schon mal eigenhändig den von ihren lieben Untergebenen verschlampten Bericht. Sicher, es menschelt nicht wenig in „Zappek“, wohl die nicht immer liebsame Folge kritisch-sozialer Milieuschilderung, wenn etwa über Graffiti oder die asthmakranken Kinder von Arbeitslosen eine Kleinigkeit zu belehrend geredet wird. Der real existierende Alltagswitz rettet jedoch immer wieder. Zu hübsch ist es, mit anzusehen, wie sich Kommissar Zappek erfolgreich vor der Hausreinigung drückt, indem er platonisch seinen vollen Wassereimer auf dem Treppenabsatz postiert. Jawohl, auch die Nebenrollen sind eine Freude – Ingeborg Krabbe (wo war sie so lange?) endlich mal wieder als ebenso reinliche wie neugierige Frau Nachbarin in Nylon-Kittelschürze.

Ein Hauch von Folklore, sprich quietschbunte Trabis und pittoreske Ansichten vom Prenzlauer Berg, war wohl dennoch nicht zu vermeiden; schließlich hat das Fernsehen durch zahlreiche Dokumentationen ja schlüssig bewiesen, daß praktisch alle Ostberliner (und immer mehr Wessis) in Prenzlauer Berg wohnen. Doch wenn dann ein Autos verschiebender Tankstellenbesitzer mit bierernster Miene erklärt, daß Trabis vor der Wende nicht etwa von vier starken Männern auf die Schultern genommen wurden, sondern richtig von selbst und mit Benzin fuhren, möchte man glatt Generalamnestie verlangen: für den Tankwart und die location scouts der ARD.

Die beiden deutsch-deutsch quotierten Kommissare dürften die Kriminalgeschichten um Schülerbanden, Penner, Neureiche und Wismut-Opfer getrost über die geplanten dreizehn Folgen tragen. Anke Westphal