■ Soll statt der UNO die Nato nach Kroatien?
: Schlechte News für Bosnien

Auf den ersten Blick hat der kroatische Vorschlag, nach Abzug der Blauhelme Ende März statt dessen Nato-Truppen an die Grenzen zu Serbien und Bosnien zu stellen, einiges für sich. Die Nato, so argumentiert die kroatische Regierung, könne dann von vorneherein die Bedenken zerstreuen, daß der Blauhelmabzug nur dazu diene, eine neue Offensive gegen Serbien vorzubereiten, und gleichzeitig die Voraussetzungen schaffen, daß die UNO-Operationen in Bosnien weiterhin von Kroatien aus durchgeführt und gesteuert werden können. Das Ganze, so Zagreb, sei doch ganz einfach zu realisieren; die Nato-Truppen, die zur Deckung des Blauhelmrückzugs sowieso ins Land kämen, müßten nur ein wenig länger dableiben.

Tatsächlich erfüllt der Vorschlag objektiv alle Tatbestände einer Erpressung, allerdings so geschickt vorgebracht, daß die Erpreßten bereit sein könnten, darauf einzugehen. Warum? UN-Generalsekretär Butros Ghali, aber auch die westlichen Sicherheitsratsmitglieder und Rußland haben nach wie vor ein Interesse daran, den Blauhelmeinsatz in Bosnien aufrechtzuerhalten. Wirft Tudjman die UNO insgesamt aus Kroatien hinaus, sind die Einsätze nicht mehr machbar. Der Deal, wonach die UNO der Nato ein Mandat für Kroatien erteile und dafür ihre Bosnien- Logistik weiterhin in Kroatien aufrechterhalten dürfe, wäre für Ghali vielleicht ein Kompromiß.

Die Nato könnte an dem Angebot Gefallen finden, weil sie in Kroatien dann, zwar von der UN mandatiert, endlich nach eigenem Gusto schalten könnte, ohne wie jetzt in Bosnien erst noch Herrn Akashi konsultieren zu müssen. Glaubt man den starken Sprüchen führender Nato-Politiker auf der Münchener Wehrkundetagung vor wenigen Wochen, fühlt die Allianz sich ja durch das Zwei-Schlüssel-System in Bosnien in ihrem „friedenschaffenden Potential“ stark eingeschränkt. Doch schon diese Bekundungen müssen mißtrauisch machen, schließlich sind die westlichen Mitglieder des Sicherheitsrates mit den Nato- Führungsmächten identisch. Das Runterputzen der UNO paßt aber in die neue politische Landschaft der USA und schafft scheinbar für die Nato neue Bewegungsmöglichkeiten.

Der Preis dafür aber ist erheblich. Wenn kroatische Truppen im Schutz der Nato darangehen, die Krajina wieder unter ihre Kontrolle zu bekommen, wird der Westen endgültig zur Kriegspartei. De facto geht es damit um den Kriegseintritt der Nato auf dem Balkan in einer abgemagerten Version. Statt die europäischen Muslime zu retten, wird der Westen an den kroatischen Grenzen verteidigt. Ganz schlechte Nachrichten für Bosnien. Jürgen Gottschlich