Schulterschluß in der Hauspflege

■ Wohlfahrtsverbände in Bremen-Nord arbeiten künftig Hand in Hand

Den PatientInnen, die bald aus dem Krankenhaus entlassen werden und dann zu Hause Pflege benötigen, traten bislang viele verschiedene Leute ans Bett: Die Pflegedienste der Wohlfahrtsverbände warben für ihre Angebote. In Bremen-Nord ist das jetzt anders, dort wird nur noch eine Frau die Erstbesuche in den Krankenhäusern übernehmen. Eine Frau für die vier Pflegeverbände Deutsches Rotes Kreuz, Evangelische Frauenhilfe, Caritasverband, Arbeiter-Samariter-Bund. Die Vier haben sich zur „HausPflege Nord“ zusammengeschlossen.

„Wir 4 für Sie“ nennt sich der neue Hauspflege-Slogan, und dahinter verbirgt sich das Ansinnen der Wohlfahrtsverbände, ihre Pflegedienste flächendeckend auszubreiten. Mit der neuen Pflegeversicherung sprießen unzählige private Pflegeanbieter aus dem Boden, und die Wohlfahrtsverbände müssen um ihre Monopolstellung fürchten. Denn mit den Jahren hat sich da ein gewisser Automatismus eingestellt; man wandte sich in Sachen Hauspflege schon aus Gewohnheit an einen der Vier. Noch halten diese in Bremen ein leichtes Übergewicht, in anderen deutschen Städten sind sie jedoch bereits von den Privaten überholt worden.

Ein erster aufbäumender Schritt war also für die Wohlfahrts-Pflegedienste in Bremen-Nord, gemeinsam auch noch die letzte kleine Dienstleistungslücke zu schließen: „Wir tauschen Personal und unsere Palette aus“, sagt Paula Tünjes vom Roten Kreuz. „Wir haben Krankenpflegebetten, der Arbeiter-Samariter-Bund ein Hausnotrufsystem.“ Früher hatten Hilfesuchende manchmal nur den Anrufbeantworter eines Verbandes in der Leitung, jetzt wird rund um die Uhr beraten: Die Nummer 69 33 69 ist die neue Hauspflege-Zentrale. „Wir möchten es schaffen, bei einem Notfall schon ab dem selben Abend pflegen zu können.“

Da soll es dann egal sein, ob jemand von der Caritas oder von der Evangelischen Frauenhilfe kommt. Abgerechnet wird sowieso die Einzelleistung, Übervorteilung befürchtet niemand. Im Gegenteil, die Verbände sehen auf ihre rund 180 MitarbeiterInnen einen größeren Erfahrungspool und mehr Fortbildungen, also eine Zusatzqualifizierung zukommen. Seit gut zwei Jahren bereits wird sowieso nur noch examiniertes Personal für die Pflege eingestellt. Paula Tünjes: „Hätten wir damals noch gedacht, daß heute einer Patientin zu Hause Morphium gepumpt werden kann?“

Ist jemand aus dem Krankenhaus entlassen, soll ein Dienst von „Wir 4 für Sie“ die Organisation der Hauspflege in die Hand nehmen. Vieles muß vorab geprüft werden, ob das Pflegebett vernünftig ist, ob Angehörige Pflegearbeiten übernehmen können. HausärztInnen müssen kontaktiert, Apotheken über die benötigten Medikamente informiert werden. In einer umfassenden „Pflegedokumentation“ sehen die Verbände die Zukunft einer professionellen Hauspflege. Über die Pflegefinanzierungsfrage kann dann auch eine Absprache mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen laufen, der die Pflege-Einstufung festlegt.

„Professionelle Dienstleistungszentren sind gefragt in der Hauspflege, denn eine ambulante Pflege ist immer billiger als die Stationäre“, bestätigt Andrea Kaula vom Verband der Angestellten-Krankenkassen. „Wir wollen natürlich keine Kartelle, aber diese Beispiel wird Schule machen.“ Die Krankenkassen interessiere vor allem, ob qualitativ und wirtschaftlich gut gearbeitet werde. Welcher Dienst jedoch pflege, entscheide immer noch der Versicherte.

Indes setzt man bei den Wohlfahrtsverbänden auch auf das, „was man nicht auf dem Stundenzettel findet“, wie Paula Tünjes sagt. Daß einer Rollstuhlfahrerin kürzlich ein Theaterbesuch ermöglicht werden konnte, sei doch sonst nirgendwo möglich. „Wir wollen uns auch auf das soziale Umfeld der Patienten konzentrieren und weg von diesem Abgehetze.“ sip