Da weinte sogar der Himmel

■ taz-Karikaturist Til Mette stellt seine Cartoons in Köpenick aus

Eine Ausstellungseröffnung, Dienstagabend bei Nieselregen in Köpenick. Da rechnet man fast automatisch mit gähnender Leere. Daß das nicht zwangsläufig so sein muß, konnte man vorgestern in der Cartoonfabrik Köpenick erleben. „Til Mette – Cartoons aus Brooklyn“ heißt die Ausstellung, die für volle Räume in Köpenick sorgte. Alter und Outfit des Publikums waren bunt gemischt, von Mitte zwanzig bis Mitte neunzig war alles vertreten. Jeans und Turnschuhe, schlichte Anoraks und Faltenröcke tummelten sich neben grasgrünen Jacketts, knalligen Krawatten und Schlapphüten.

Mette, Mitgründer der Bremer taz-Lokalredaktion und vor gut zwei Jahren nach New York übergesiedelt, freute sich besonders, daß seine gesamte Schwiegerfamilie aus der Hansestadt angereist war. Als Ehrengast wurde Oma Else begrüßt, die gerade ihren 94. Geburtstag gefeiert hat.

Auf wenig Raum sind 90 Zeichnungen Mettes aus den letzten zweieinhalb Jahren zu sehen. Er bewundere den amerikanischen Cartoonstil, der feiner und psychologischer sei, seine Arbeiten seien aber immer noch sehr deutsch, beurteilt er seine Zeichnungen kritisch. Zwar kommen seine Erfahrungen mit dem amerikanischen Alltag in einigen Zeichnungen zum Ausdruck, so bei dem „Versuch, einen Schwarzen zu zeichnen“, bestimmendes Thema sind sie aber nicht.

Arbeitssucht, Nichtraucher, Verkehrschaos, Zensur, die Linke und ihre Marotten – vielfältig ist Mettes Themenwahl, der für die taz, aber auch für die Süddeutsche Zeitung, den Stern, die Wiener Presse und den Eulenspiegel zeichnet.

Die geplanten Eröffnungsreden fielen aus. Ein Unwetter hatte Erich Rauschenbach länger als geplant auf der Insel Mauritius festgehalten. Freimut Wössner mußte wegen Krankheit absagen, und so sprang Wolfgang Kleinert von der Cartoonfabrik ein. Statt vieler Worte stellte er drei Fragen: Was wäre gewesen, wenn die Ausstellung 1985 stattgefunden hätte. Antwort: Nichts, das Gebäude gehörte der Nationalen Front. Und 2005? Antwort: Auch nichts, weil dann die Miete unbezahlbar sein wird und außerdem Mette dann zu berühmt ist, als daß er noch in Köpenick ausstellt. Und schließlich: Warum ist das Wetter so schlecht? Statt meterologische Aufklärung zu betreiben, wurde auf die Getränke verwiesen. Das Publikum nahm es als hinreichende Antwort. Nur Oma Else seufzte nach anderthalb Stunden etwas genervt: „Die Musik ist ja gut gemeint, aber doch ein bißchen laut.“ Gesa Schulz

Cartoonfabrik Köpenick, Bölschestraße 45a, Dienstag bis Sonntag, 14-18 Uhr