Das Groschenfernsehen

■ Von Bastei zu RTL: „Dr. Stefan Frank“ (20.15 Uhr)

Mein Gott, was waren wir geschockt, als Sascha Hehn vom Friseur kam, um uns als „Frauenarzt Dr. Markus Merthin“ im ZDF den Glauben ans Gute in weißen Kitteln wiederzugeben. Da kann er nach Feierabend noch so auf Romantiker machen, geschwungene Pfeife hin, gepflegtes Glas Roten her: So sieht doch kein Sascha Hehn aus! Und ein Frauenarzt schon gar nicht! Nich' mit so 'nem Stiftekopp!

Drum werden wir Damen mit unseren Nöten zwischen erstem Tampon und Klimakterium ab heute zu Sigmar Solbach wechseln. Der ist auch blond, steht treu zu seiner Fönwelle und praktiziert nun bei RTL als „Dr. Stefan Frank“. Ausgestattet mit hübschem alten Citroän DS, Junggesellenstatus nach herbem Schicksalsschlag (geliebte Ehefrau flog samt Motorboot in die Luft), Papas Münchener Praxis und vor allem mit jenem Charme und treuherzigem Augenaufschlag, der selbst Toten noch eine Gänsehaut macht. So weit, so putzig. Oder, wie Sigmar Solbach zu formulieren beliebt: „Dr. Frank ist einfach ein guter Typ.“ Eben.

Das bräuchte an dieser Stelle nun alles nicht sonderlich zu interessieren, wäre jener Herzensbrecher in Weiß nicht der erste Doktor, der es von der Heftli- zur Fernsehexistenz gebracht hätte. Denn jener „Dr. Stefan Frank“ treibt seit nunmehr 24 Jahren als Held der gleichnamigen Arzt-Roman- Reihe aus dem Bastei-Verlag sein Unwesen. Und da inzwischen so ziemlich für jede TV-Soap Regenwald geopfert wird, damit sich die Serienfans die Geschichtchen auch in Buchform daheim ins Regal stellen können, lag es doch eigentlich nahe, das Ganze einfach mal umzudrehen. Warum Autoren foltern und bezahlen, damit sie sich immer neue Herz- und Schmerz-Sagas abringen? Dann doch lieber einfach das versenden, was in Form einer Groschenroman-Reihe ohnehin auf dem Markt liegt.

Den gruseligsten Heftchenkitsch haben die RTLer zwar ein wenig abgemildert, ein paar Sonnenuntergänge gestrichen und dafür ein Schüßchen problemorientierte Moderne (wie beispielsweise die Ossi/Wessi-Kiste in Gestalt einer kessen Sprechstundenhilfe aus Leipzisch) eingebaut, aber herzig bleibt's allemal.

Auf den cleveren Dreh mit der Verfilmung einer Heftchen-Reihe ist angeblich RTL-Boß Helmut Thoma selbst gekommen. Höchstpersönlich. Wahrscheinlich bei der Heftli-Lektüre im Wartezimmer seines Frauenarztes. Reinhard Lüke