Und spekulieren lohnt sich doch ...

■ Bernard Cornfeld, Gründer des IOS-Investmentfonds und erster Popstar der Finanzwelt, überlebte viele Crashs und starb am Montag an Lungenentzündung

Berlin (taz) – Nick Leesons Coup hat er gerade noch erlebt. Vielleicht hat er gelacht über den Youngster, der es den Greisen der Barings Bank mal gezeigt hat. Er war größer. Bernard Cornfeld ist der Popstar der Finanzspekulation, und nur denkbar in jenen sechziger Jahren, in denen Revolutionen in der Luft lagen. Auch Bernie, der Armenhäusler aus Brooklyn, dachte sich eine aus. Sie kam mit schlichten Parolen daher. „Seit dem 15. März 1969 haben Sie etwas größere Chancen, Millionär zu werden“, warb Bernies Finanzgesellschaft „IOS“ in den Zeitungen. Die Sache ging schief. Bernies Kunden verloren schon 1970 viele hundert Millionen Mark. Ein wahrscheinlich mit der Mafia verbundener Gangster Robert Vesco plünderte schließlich die IOS- Ruine aus, die das Vetrauen der Börsen verloren hatte. Nur ein paar Millionen Dollar blieben Cornfeld übrig; in einem Londoner Krankenhaus starb er gestern an einer Lungenentzündung.

67 Jahre alt ist der Mann geworden, dem niemand je richtig böse sein konnte. Mit Ausnahme von Herrman Josef Abs vielleicht, dem deutschen Oberbanker, der stets vor den Geschäften dieses amerikanischen Juden warnte. Abs hatte recht, was das Risiko anging, Bernie jedoch hatte die Herzen von all den Leuten gewonnen, denen es wieder so gut ging, daß sie Geld zur Seite legen konnten. Sollten sie es zur Sparkasse tragen? Bernies hart geschulte Werber wußten es beser. Sie putzten die Klingen in den Neubauvierteln und überredeten allein in Deutschland über 300.000 Kleinverdiener zum Kauf von IOS-Papieren. Das verschachtelte Imperium mit Stammsitz auf den Bahamas konnte zwar fast niemand durchschauen. Doch weder die zwielichtige Adresse noch das weit übertriebene Gewinnversprechen machten mißtrauisch. GIs ließen sich noch auf dem Schlachtfeld von Vietnam zur Unterschrift unter Bernies Papiere hinreißen. Denn sie versprachen einen gerechten Anteil am großen Glück. Mit seinen weitgestreuten Volksaktien wollte Cornfeld nichts weniger, als den Kapitalismus überwunden. Allerdings so, wie das Karl Marx nicht vorausgesehen hat, verriet er 1970 im einem Interview. Er hatte einst eine sozialistische Stundentengruppe an der Columbia University gegründet, als Armenpfleger gearbeitet und Wahlwerbung für einen linken Präsidentschaftskanditaden geleistet. Richtig voran ging es erst, als Cornfeld in Paris anfing, Anteile an einem amerikanischen Investmentfonds zu verkaufen. Der Rest ist Geschichte: Aufstieg zu einem der reichsten Playboys der Welt, Pleite und Skandal. Er hat beides gut überlebt. Bis Montag. Niklaus Hablützel