Schwarz-Grün ist machbar, Herr Nachbar

■ Altona: Unerwartete Nebenwirkungen einer erfolgreichen rot-grünen Bezirkskoalition

Ein Gespenst geht um in Deutschlands Parteipolitik, das Gespenst der schwarz-grünen Koalition. In Altona dürfte es vorerst eine esoterisch-phantastische Erscheinung bleiben, in der hamburgischen Bürgerschaft dagegen könnte ihm durchaus reales politisches Leben eingehaucht werden. Das jedenfalls meinte Olaf Wuttke, GAL-Fraktionsvorsitzender in der Altonaer Bezirksversammlung, gestern anläßlich einer Pressekonferenz zur Bejubelung von zwölf Monaten rot-grüner Koalition im Stadtteil.

Wuttke und sein sozialdemokratischer Kollege im Fraktionsvorsitz, Horst Emmel, betonten übereinstimmend, die rot-grüne Koalition habe sich bewährt. Viele Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag – besonders im Bereich des Wohnungsbaus – seien so weit auf den Weg gebracht, wie es das hamburgische Bezirksverwaltungsgesetz einem Kommunalparlament erlaubt. Wuttke fügte hinzu, gebremst würde allenfalls von sozialdemokratischen Landespolitikern nach dem Motto: „In Altona Hü – in Hamburg Hott.“

Von dieser Bremsertätigkeit seien auch Altonaer SPD-Bürgerschaftsabgeordnete nicht ausgenommen, die sich links gerierten und unter dem Strich doch nur die Politik des rechtssozialdemokratischen Bürgerschafts-Fraktionsvorsitzenden Günther Elste betrieben. Damit kann Wuttke nur einen gemeint haben: Den ehemaligen Chef der Altonaer SPD, Walter Zuckerer, der seine Nase jeweils mit leichter Verspätung in die angesagte poltische Windrichtung bekommt.

Wuttke ist durchaus nicht als Vordenker von Grünen-Bündnissen mit der CDU zu betrachten, doch seine politischen Erfahrungen haben ihm rot-grüne Illusionen geraubt: Was in Altona wunderbar funktioniere, sei bei der jetzigen personellen Besetzung der SPD für Hamburgs Zentralregierung überhaupt nicht vorstellbar. Von daher kann er sich – zumindest abstrakt – eine Zeit der „Anti-Filz-Koalition“ mit der Christenunion in der Bürgerschaft vorstellen.

Das mochte Olaf Scholz, Altonas SPD-Kreisvorsitzender, nicht unkommentiert stehenlassen. „Die CDU kann in Hamburg nur mit der SPD regieren“, diktierte er den Journalisten in die Feder – um sich danach restlos im Gestrüpp linientreuer Parteiargumentation zu verhaspeln. Einerseits mochte er zu landespolitischen Koalitionsfragen keine Stellung nehmen und wollte sich auf Altonaer Kommunalpolitik beschränken. Andererseits präsentierte er eine schrille Begründung für das Scheitern rot-grüner Verhandlungen im Stadtstaat. Die führenden GALier seinen einfach zu zögerlich gewesen. Sie hätten die Regierungsbeteiligung sozusagen wegen ihrer politischen Schüchternheit verdaddelt.

Schwarz-Grün ist für Scholz nur ein Werbegag. Er vergaß dabei, daß manche Werbegags naheliegende Konsequenzen haben: Kauf des Angepriesenen. Jürgen Oetting