■ Das Portrait
: Sheryl Crow

Man trägt wieder stonewashed, und Mähne ist nicht von Nachteil – aber gepflegt! Sheryl Crow, die bei der diesjährigen Grammy-Verleihung in Los Angeles gleich in drei Kategorien („Bester Song“, „Bestes Nachwuchstalent“ und „Beste Sängerin“) ausgezeichnet wurde, ist keine Frau der Extreme. Ähnlich wie Springsteen, der in diesem Jahr sein großes Comeback hatte, hält sie den Laden mehr mit gesundem Menschenverstand zusammen, packt schon mal im Karohemd mit an, wo's klemmt: tätige Menschenliebe statt ideologischer Verkrampfung, beherztes Songwriting statt ungewisser Experimente, alles nicht so verbissen sehen, Leute: „All I want to do is have some fun ...“

Das Image des garantiert unzickigen, durchsetzungsfähigen Provinzmädchens begleitete die 31jährige, aus Missouri stammende Singer/ Songwriterin von Anfang an – ohne daß ihr Erfolg deswegen absehbar gewesen wäre. Etwas Sixties-Rock, eine Prise Jazz, ein paar Leihgaben Funk, Folk und Blues – im Grunde nichts Besonderes. Das 94er Album „Tuesday Night Music Club“ brachte dann bereits gehörige kommerzielle Anerkennung, doch Sheryl Crow blieb auf dem Boden (wie man so sagt). Noch als sie im Sommer letzten Jahres beim großen Woodstock-II-Spektakel vor mehr als 300.000 Leuten spielte, agierte sie mehr wie beim Jamboree im verräucherten Trucker's Inn nebenan als auf dem größten Open-air der Saison.

Guter Kerl mit Locken Foto: AP

Doch mit genau dieser unprätentiösen Mischung hat Sheryl Crow es 1995 zum großen Konsensmodell geschafft: Geliebt und gekauft wird der gute Kerl mit Locken, ein offenbar unverwüstlicher Verkaufsschlager. Sogar die Geschlechter kommen darin noch mal zusammen: weiblicherseits versteht man das Ganze als „Frauenpower“, und die Männer sind froh, kein Rrrriot Girl vor sich zu haben, sondern eine „echte Frau“.

Wen wundert da noch, daß Crow von Mick Jagger persönlich dazu geladen wurde, bei der kommenden Rolling- Stones-Welttournee zusammen mit ihm den Männer- Weltschmerz-Tränenzieher „Wild Horses“ zu singen. Sheryl: „Mir wurde erst ganz anders.“ Dann aber sei es mit Mick, Keith und den anderen Jungs im Hotelzimmer zu einer spontanen Jam Session gekommen, in deren Verlauf sich die Stones als ganz normale, sympathische Jungs entpuppten – „das war einer der Höhepunkte in meinem bisherigen Leben“. Wirklich: Ein Typ zum Pferdestehlen. Thomas Groß