Holländisches Kapital für Nordkorea

■ Die ING Bank darf sich im stalinistischen Land niederlassen

Amsterdam (taz) – Die niederländische ING Bank ist das erste westeuropäische Geldinstitut, das sich in Nordkorea niederlassen will. Der Allfinanzkonzern „Internationale Nederland Groep“ (ING) hat mit der Regierung in Pjöngjang einen Vertrag unterschrieben, wonach man gemeinsam die „ING North East Asia Bank“ gründen wolle. Die Niederländer werden 70 und die Nordkoreaner 30 Prozent der Anteile halten. Zwei Filialen sind in Nordkorea geplant, die sich unter anderem mit der Finanzierung von Entwicklungsprojekten beschäftigen sollen. Der ING-Konzern, der auch in Kuba präsent ist, dürfte ein eventuelles Scheitern ganz gut verkraften: 1993 hatte der Finanzkonzern eine Bilanzsumme von umgerechnet 300 Milliarden Mark und einen Jahresgewinn von knapp zwei Milliarden auszuweisen.

Die Manager des ING-Konzerns glauben, daß die „Vorherrschaft der westlichen Volkswirtschaften“ in den letzten Zügen liege. Stück für Stück würden Spitzenpositionen der Industriestaaten von heute verlorengehen. In den nächsten zehn bis zwanzig Jahren würde das weltweite Wirtschaftswachstum nicht mehr vom Westen, sondern vielmehr von Südamerika und vor allem China und Indien getragen.

Die ING Bank will mit ihrem Engagement in Nordkorea an alte Traditionen in Fernost anknüpfen: In China war die niederländische Bank erstmals 1845 präsent. Nach dem Einmarsch der Japaner 1930 wurden die Bankfilialen dann aufgegeben — und 1987 kehrte die ING nach China zurück. Heute heißt es bei der ING, wenn man nur mit einem Prozent der Chinesen Geschäfte machen könnte, dann wäre man schon viel größer, als man in Holland je sein könnte. Dagegen ist der neu angepeilte Markt Nordkorea eher klein, er zählt etwa genauso viele Einwohner wie die Niederlande. Falk Madeja