Offene Wunden

■ betr.: „Mit den Bauern stirbt das alte Afrika“, taz vom 24. 2. 95

In dem ansonsten interessanten Artikel vermißte ich die Fragestellung, ob die weite Verbreitung von Aids in Afrika nicht auch mit der Tatsache in Verbindung zu bringen ist, daß in vielen Ländern Afrikas die Beschneidung der weiblichen Geschlechtsorgane, und zwar in allen bekannten Formen, weit verbreitet ist und offenbar seit dem Ende des Sozialismus in verschiedenen afrikanischen Ländern sogar wieder zunimmt. Immerhin sind viele Millionen Frauen davon in Afrika betroffen; nach einer – allerdings von mir nicht zu bestätigenden Zahl – ungefähr 60 Millionen. Wie bekannt, sind diese Operationen nicht nur grausame Verstümmelungen und äußerst schmerzhaft, sondern sie werden zudem noch sehr unhygienisch ausgeführt, so daß die Frauen sowieso für alle möglichen Krankheiten viel anfälliger sind, weil sie über lange Zeit ihres Lebens mit offenen oder schlecht verheilenden Wunden leben – die zur Eheschließung, zum Kinderkriegen und so weiter immer wieder neu geöffnet werden.

Wenn so ein Zusammenhang mal herausgearbeitet werden könnte, würden – sollte er tatsächlich bestehen – wahrscheinlich auch afrikanische Frauengruppen, die sich gegen die Beschneidung stark machen, davon politisch profitieren. Helke Sander, Hamburg