Gemeinsam in den Lüften

■ Deutsch-russische Kooperation in der Luft- und Raumfahrt wird intensiviert

Bonn (taz) – Die russische Luft- und Raumfahrtindustrie befindet sich derzeit in einer schwierigen Lage. Zu Zeiten der Sowjetunion arbeitete sie noch zu achtzig Prozent für die Militärs; nur rund zwanzig Prozent ihrer Forschungs- und Entwicklungskapazitäten kamen der zivilen Produktion zugute. Die Kosten spielten dabei nur eine untergeordnete Rolle. Heute haben sich die Verhältnisse umgekehrt: Zu achtzig Prozent beliefert man den zivilen Markt, der Preis und die internationale Wettbewerbsfähigkeit werden immer wichtiger und rücken sogar in den Vordergrund. Um die Luft- und Raumfahrtindustrie halten zu können, ist Rußland vor allem auf internationale Kooperation angewiesen. Deutschland wird dabei als einer der wichtigsten Partner angesehen.

Das erklärte jetzt Juri Tscherwakow, Pressesekretär beim staatlichen Komitee der Russischen Föderation für die Verteidigungsindustrie, auf einer Veranstaltung in Bonn. Es ging dabei um die Präsentation des nächsten großen russischen Luft- und Raumfahrtsalons, der Ende August auf dem Flughafen von Zhukovsky in der Nähe der russischen Hauptstadt stattfinden wird.

Dort können die Deutschen mit einer Vorzugsbehandlung rechnen, wie der Generalsekretär der Raumfahrtschau, Juri Alexandrowitsch Nagajew, in Bonn mitteilte. Es wird ihnen ein Areal von gut 1.000 Quadratmetern in bevorzugter Position für ihre Exponate angeboten.

Schon jetzt sei die deutsch-russische Kooperation recht umfangreich, berichtet Nagajew. So arbeite man unter anderem bei der Entwicklung eines Wasserstoffantriebs für Flugzeuge, bei der Konstruktion von neuen Triebwerken und der Avionik, der Flugzeugelektronik, eng zusammen. Russische U-Boot-Raketen – ursprünglich für den Transport nuklearer Sprengköpfe über Tausende von Kilometern hinweg vorgesehen – sollen nun dazu genutzt werden, kleinere deutsche Satelliten ins All zu tragen. Und selbst für den russischen Überschall-Atombomber TU160 sind jetzt friedliche Einsatzgebiete vorgesehen. Von ihm soll in großer Höhe eine russische Rakete mit einem deutschen Satelliten abgefeuert werden.

Der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), Hans Birke, meinte auf der Veranstaltung in Bonn, man könne praktisch mit den russischen Partnern in allen Bereichen der Luft- und Raumfahrt kooperieren. So sehe er den bevorstehenden Aerosalon von Zhukovsky denn auch weniger als reine Flugzeugschau, sondern vielmehr als Gelegenheit, noch intensiver mit der russischen Seite ins Geschäft zu kommen. Anatol Johansen