■ Eine Bundestagsdelegation der Grünen besuchte Sarajevo
: Die Blauhelme müssen bleiben

Aus den Gesprächen der Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen in Sarajevo und Zagreb lassen sich konkrete Schlußfolgerungen ziehen für eine kohärente bundesdeutsche Politik, die kurzfristig zu einer Verhinderung neuer Kriege und langfristig zu einer politischen Lösung für ganz Ex-Jugoslawien beitragen könnte.

Erstens: Trotz aller verständlichen und berechtigten Kritik an der Rolle der UN-Truppen in Kroatien und Bosnien wäre ihr Abzug wegen der Erhöhung des Kriegsrisikos in Kroatien und der Folgen für die Zivilbevölkerung in Bosnien das größere Übel als ihr Verbleib. Sie sollten in beiden Staaten vollumfänglich stationiert bleiben und durch zusätzliche Blauhelm-Verbände an neuralgischen Grenzabschnitten Kroatiens zu Serbien und Bosnien ergänzt werden.

Zweitens: Auch wenn die Bosnien-Kontaktgruppe nach Moskaus jüngster Annäherung an Belgrad tatsächlich erledigt sein sollte, müssen Deutschland, die USA, Frankreich und Großbritannien eindeutig bei dem Kontaktgruppen-Plan für die Aufteilung Bosniens im Verhältnis 51 zu 49 Prozent zwischen bosniakisch-kroatischer Föderation und den Pale-Serben bleiben. Jeder Versuch, den Muslimen noch mehr Zugeständnisse abzupressen, stärkt diejenigen Kräfte unter ihnen, die auf die Kriegsoption setzen.

Drittens: Durch deutlichen Druck auf die Regierungen in Sarajevo und Zagreb sowie auf die bosnischen Kroaten muß die Umsetzung des vor einem Jahr unterzeichneten Föderationsabkommens durchgesetzt werden. Den weitaus größeren Teil der Verantwortung für die erheblichen Probleme tragen die Regierung in Zagreb und die Kroaten in der Westherzegowina, die nach wie vor die Option auf ein Großkroatien bzw. auf einen eigenen Staat nicht aufgegeben haben.

Viertens: Ebenfalls durch erheblichen Druck, wenn nötig durch Sanktionen, muß die Regierung Tudjman zur Annahme des „Z-4-Plans“, der die Autonomie für die mehrheitlich von Serben besiedelten Gebiete regelt, bewegt werden. Der von den Zagreber Botschaftern der USA, Rußlands, der UNO und der EU vorgelegte Plan entspricht den grundlegenden Prinzipien, die Tudjman Ende 1991 unterschrieben hatte – als Vorbedingung für die völkerrechtliche Anerkennung Kroatiens durch die EG.

Fünftens: Die Strategie der Kontaktgruppe, mit Hilfe von Serbiens Präsident Milošević den bosnischen Serbenführer Karadžić zu isolieren und zur Unterschrift unter den Kontaktgruppenplan zu zwingen, ist endgültig gescheitert. Statt dessen ist Belgrad durch eine Verschärfung der Sanktionen und ihre bislang nicht erfolgte stringente Durchsetzung zur Einstellung jeglicher Unterstützung der bosnischen und kroatischen Serben und zur völkerrechtlichen Anerkennung Bosniens und Kroatiens zu zwingen.

Sechstens: Allen ehemaligen Republiken ist die Perspektive einer Assoziation mit der EU mit der Möglichkeit einer späteren Mitgliedschaft anzubieten. Vorraussetzung für die Aufnahme entsprechender Verhandlungen wären die Erfüllung der oben genannten Bedingungen und Forderungen; zudem der Rückzug von allen seit Juli 1991 besetzten Gebieten, die Ermöglichung der Rückkehr aller Flüchtlinge und Vertriebenen an ihre Heimatorte und schließlich die Verfolgung der Kriegsverbrechen sowie uneingeschränkte Kooperation mit dem Internationalen Tribunal in Den Haag. Andreas Zumach