Berlusconi übt Schiffchenversenken

■ Italiens Ex-Premier droht Ablehnung des Nachtragshaushalts an und könnte Regierung Dini damit zum Rücktritt zwingen / Teure Schachzüge: Lira stürzt

Rom (taz) – Italiens Technokratenregierung steht eine entscheidende Woche bevor: Geht es nach dem Willen des vor Weihnachten gestürzten Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und seiner Verbündeten, so soll Ministerpräsident Lamberto Dini über die vergleichsweise lächerliche Frage des Nachtragshaushalts in Höhe von umgerechnet gerade mal 16 Milliarden Mark stürzen.

Der Grund: Dini weigert sich nicht nur nach wie vor, der Rechten ein – verfassungsmäßig gar nicht einlösbares – Versprechen für sofortige Neuwahlen zu geben. Er läßt sich auch auf keine Verschleierungsmanöver in anderen Fragen ein. So verlangten Berlusconi und sein Hauptverbündeter Gianfranco Fini von der Nationalen Allianz am Wochenende eine besonders raffinierte Hintertreibung des wichtigsten und zeitraubendsten Punktes im Regierungsprogramm, der Rentenreform. Danach soll Dini sich ein Ermächtigungsgesetz geben lassen, zehn Tage verhandeln und – was absehbar wäre – bei Mißerfolg sofort zurücktreten. Dini hält dem entgegen, daß gerade die Forderung nach Neuwahlen diesem Ermächtigungsgesetz entgegenstehe – denn was solle ein solches Gesetz, wenn die Regierung dann in jedem Falle abtrete?

Die Reaktion war die Ankündigung, man werde den Nachtragshaushalt ablehnen: „Ein bißchen wie Schiffchenversenken“, wie La Repubblica meint, „immer draufhalten, vielleicht stürzt die Regierung dann doch.“ Bleibt auch die linksextreme Rifondazione comunista bei ihrer Ablehnung des Nachtragshaushalts wegen sozialer Unausgewogenheit, hat die Regierung in der Abgeordnetenkammer keine Mehrheit mehr und müßte zurücktreten.

Für die Rechte könnte sich dies schnell zum Pyrrhussieg auswachsen: Innerhalb von nur zwei Wochen, haben Finanzexperten ausgerechnet, hat die Unsicherheit über den Durchsetzungsfähigkeit Dinis durch den neuerlichen tiefen Lirasturz (Stand am Wochenende: 1.180 Lire für eine Mark) das Land mehr als umgerechnet 35 Milliarden Mark gekostet. Industrielle, Mittelständler und Gewerkschaften forden denn auch in seltener Einhelligkeit eine sofortige Annahme des Nachtragshaushaltes.

Staatspräsident Scalfaro hat wissen lassen, daß er gerade jetzt auf gar keinen Fall Neuwahlen ausschreiben, sondern versuchen werde, eine andere Regierug zustande zu bringen. Berlusconis Ziel der Neuwahlen (die er unbedingt braucht, weil nur dann die für Juni vorgesehenen Volksabstimmungen über sein Medienmonopol ausgesetzt würden) wäre erneut verfehlt, wie schon im Dezember. Werner Raith