Sexuelle Belästigung und Rassismus bei Imagewerbern

■ Deutsche Zentrale für Tourismus angeklagt

New York/Frankfurt (taz) – In der New Yorker Generalvertretung der Deutschen Zentrale für Tourismus e. V. (DZT) klebt seit dem Wochenende der Kuckuck. Das höchste Gericht des Staates New York hat die gesamte Einrichtung der für Nord- und Mittelamerika zuständigen größten Auslandsfiliale der DTZ für vorläufig beschlagnahmt erklärt. Mit seiner in dieser Form bislang beispiellosen Entscheidung folgte das Gericht dem Antrag der DZT- Mitarbeiterin Monique Schlein. Wegen massiver sexueller Belästigung durch den bis zum letzten Herbst amtierenden Leiter der New Yorker Filiale, Henning Schreiber, hatte Schlein den Frankfurter DZT- Vorstand im Sommer 94 auf 2,5 Millionen US-Dollar Schadenersatz verklagt. Die meisten Übergriffe sind durch Zeugenaussagen Dritter belegt.

Mit der Beschlagnahmung will das New Yorker Gericht sicherstellen, daß Frau Schlein Schadenersatz erhält, sollte sie ihre im Juni zur Verhandlung anstehende Klage gewinnen. Der Frankfurter Vorstand hatte sich gegenüber zahlreichen Beschwerden Schleins und anderer MitarbeiterInnen über sexuelle Belästigungen seit 1992 taub gestellt. Auch auf Proteste über rassistische und antisemitische Vorfälle in der New Yorker Filiale, deretwegen inzwischen die Mitarbeiterin Christa Willibald den Vorstand verklagt hat, reagierte er nicht. Der stellvertretende Leiter der Filiale und unmittelbare Vorgesetzte Schleins, Fred Gross, der die Beschwerden seiner Mitarbeiterin ordnungsgemäß nach Frankfurt weitergeleitet hatte, wurde abgemahnt und degradiert. Auch Gross hat die DZT inzwischen verklagt.

Die für positive Imagewerbung für den Tourismus in Deutschland zuständige DZT, deren Etat 1994 über 50 Millionen Mark betrug, wird über das Bundeswirtschaftsministerium zu 85 Prozent aus Steuergeldern finanziert. Doch das BMWi, das über sämtliche Vorfälle, Beschwerden und Klagen informiert wurde, sah bislang keinen Grund zum Eingreifen. Andreas Zumach