Speer kommt frei

■ Klaus Speer überraschend freigelassen / Die Anklage wurde in allen Punkten eingestellt / Zerwürfnis mit Anwalt Mahler?

Der Boxpromoter und Geschäftsmann Klaus Speer ist gestern überraschend auf freien Fuß gesetzt worden. Das Gericht unter Richter Herdemerten hob den Haftbefehl gegen den Fünfzigjährigen auf. Bedingungen: Speer muß eine Kaution von 150.000 Mark hinterlegen und sich mehrmals wöchentlich bei der Polizei melden.

Vergangene Woche war Klaus Speer zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden. Dabei hatte Richter Herdemerten keinen Zweifel daran gelassen, daß der Angeklagte letztendlich die Verhandlungstaktik und die Polemiken seines Verteidigers Mahler ausbaden müsse.

Mahler war im Verlauf des beinahe zweijährigen Prozesses mit zahllosen Befangenheits- und Strafanträgen gegen die Mitglieder der Kammer vorgegangen und hatte sich mit dem Staatsanwalt häufig lautstark gestritten. Sämtliche Möglichkeiten, das Verfahren abzukürzen und zu einer Teileinstellung zu kommen, hatte Horst Mahler abgewiesen. Der Anwalt fehlte bei der gestrigen Verhandlung.

Während Prozeßbeobachter von einem Zerwürfnis zwischen Mahler und seinem Mandanten Speer sprachen, erklärte Mahler- Stellvertreter Stegewallner: „Die Abwesenheit von Herrn Mahler ist kein Anzeichen dafür, daß er Klaus Speer nicht mehr vertritt.“ Mahler selbst verweigerte eine Antwort auf die Frage, ob er noch Speers Verteidiger sei.

Das Verhalten Mahlers wurde auch von Staatsanwalt Kamstra in seinen gestrigen Ausführungen noch einmal gerügt. Mahler, der Speer aus gemeinsamen Knastzeiten kennt, habe jede Gelegenheit genutzt, eine im Dezember beabsichtigte Einstellung des Verfahrens zu boykottieren.

Der Anklagevertreter beantragte aber zugleich aus „prozeßökonomischen Gründen“ die Einstellung von insgesamt fünf weiteren Anklagepunkten, die Speer angelastet werden. Kamstra: „Selbst wenn es nach mehreren Monaten zu einem weiteren Urteil gegen den Angeklagten kommen sollte, würde diese im Verhältnis zu der Ende Februar verhängten Haftstrafe nicht beträchtlich ins Gewicht fallen.“ Man müsse auch berücksichtigen, so der Staatsanwalt weiter, daß Klaus Speer zwei Jahre und acht Monate unter erschwerten Bedingungen in Untersuchungshaft gesessen und der erste Prozeß fast zwei Jahre gedauert habe.

Zuvor hatte Speer auf die ursprünglich angekündigte Totalrevision des Urteils vor dem Bundesgerichtshof verzichtet. Der BGH prüft nun lediglich die Strafzumessung für einzelne Delikte wie unerlaubten Waffenbesitz. Peter Lerch