Zurück auf der Jagd

■ America's Cup: "oneAustralia" versank im Pazifik, die Frauencrew "America3" segelt auf neuen Planken und holt auf

Berlin (taz) – Eigentlich waren John Bertrand, der einzige Nichtamerikaner, der je den America's Cup gewann, und seine Crew als große Favoriten in die Ausscheidungsrunde der Herausforderer vor San Diego gegangen. Doch in den ersten Runden lief es nicht sonderlich gut für den Sieger von 1983, seine „oneAustralia“ war vor allem gegen das unschlagbare „Team New Zealand“ ohne Chance. So war die Erleichterung groß, als endlich das neue, erheblich leichtere Boot eintraf, mit dem auch tatsächlich die Qualifikation für das am 18. März beginnende Halbfinale geschafft wurde. Der Grundstein dafür, der New Zealand am Ende vielleicht doch noch den Rang ablaufen zu können, schien gelegt.

Am Sonntag jedoch wurde das australische Syndikat, das 30 Millionen Dollar für das Unternehmen „America's Cup“ aufgewendet hatte, unsanft aus seinen Träumen gerissen. Bei heftiger See krachte die 25 Meter lange oneAustralia, die solchen Witterungsbedingungen offenbar nicht gewachsen war, mittendurch und versank im Pazifischen Ozean. Sämtliche 17 Besatzungsmitglieder konnten gerettet werden. „Wir hörten auf einmal einen lauten Knall wie eine Kanone, und dann brach alles auseinander“, erzählte John Bertrand, der nach dem schwersten Unglück in der 144jährigen Geschichte des Cups erst mal einen Ruhetag für sein geschocktes Team beantragte, und, wenn die Jury zustimmt, die restlichen Wettfahrten mit dem alten Boot absolvieren muß.

Mehr Glück mit neuen Besen hat die Frauencrew America3, der im dritten Rennen mit ihrer „Mighty Mary“ der zweite Sieg gelang, als Dennis Conners „Stars and Stripes“ bezwungen wurde. Zuvor hatte Skipperin Leslie Egnot mit ihrer Crew bereits die „Young America“ von Kevin Mahaney geschlagen, nachdem es im ersten Rennen mit der langersehnten neuen Yacht noch eine knappe Niederlage gegen Conner gegeben hatte. Da es in Runde vier jeweils sieben Punkte für einen Sieg gibt, hat die America3, die schon abgeschlagen schien, wieder aufgeholt und liegt mit 21 Punkten hinter den punktgleichen Conner und Mahaney (je 32), die die Angelegenheit bereits als reines Männerduell betrachtet hatten.

„Der America's Cup ist wie ein Gunfight“, hatte Mahaney markig getönt. „Du starrst den anderen Kerl an, und man gibt eine Menge Schüsse aufeinander ab. Am Ende ist die Frage, wer mehr Kugeln übrig hat.“ Möglicherweise die America3, die überzeugt ist, daß sie bei der Ausscheidung der US-amerikanischen Titelverteidiger noch ein gewichtiges Wörtchen mitreden wird. Ende März muß ein Boot ausscheiden und Susie Leech- Nairn ist sicher: „Das werden nicht wir sein.“ Die fünf Millionen Dollar teure Mighty Mary ist schmaler, schneller und, wie der Konstrukteur betont, geeigneter nicht nur für Frauen, „sondern für Seeleute. Punkt.“ Während das alte Modell eher für schönes Wetter taugte, ist das neue Boot auch geeignet für widrige Windverhältnisse. Wie das Beispiel der oneAustralia zeigt, kam es zur rechten Zeit.

Aber es ist nicht nur das Material, das die Frauen wieder zu einem ernsthaften Faktor in der Entscheidung werden läßt, sondern die Crew segelt inzwischen viel besser als zu Anfang. Das muß auch die Konkurrenz zugestehen. „Ich halte eine Menge von den Mädchen“, sagt etwas altväterlich Doug Peterson vom technischen Stab der New Zealand, „sie haben sich dramatisch verbessert. Am Anfang machten sie fünf oder sechs Fehler pro Rennen, jetzt sind es ein oder zwei.“ Wie die letzten Wettfahrten zeigten, reicht das mitunter durchaus zum Sieg. „Mit dem neuen Boot sind sie zurück auf der Jagd“, glaubt Peterson.

Die direkte Konkurrenz kommentierte den Innovationsschub der segelnden Weiblichkeit mit demonstrativer Gelassenheit. „Wir haben damit keine Probleme“, meinte Bill Trenkle von der Stars and Stripes, die Frauen hätten in technischer Hinsicht lediglich Rückstände wettgemacht. „Wenn es ein radikales Boot gewesen wäre, dann würden wir schlechter schlafen.“ Auch Young-America- Konstrukteur Bruce Nelson erklärte: „Unsere Jungs fühlen sich wohl dabei, mit gleicher Ausrüstung gegen die Frauen zu segeln.“ Für J.J. Isler, Steuerfrau der Mighty Mary, klingt das ein bißchen wie das Pfeifen im Wald: „Wenn ich die Typen wäre, wäre ich nervös.“ Matti Lieske