Die Mark wird immer dollar

■ Internationale Währungsturbulenzen: Dollar, Peseta, Escudo und viele andere ganz unten

Berlin (taz) – Ein Totgesagter ist gestern zum zweitenmal gestorben: die Europäische Währungsunion. In der Nacht zum Montag wertete der Währungsausschuß der Europäischen Union die spanische Peseta um 7 und den portugiesischen Escudo um 3,5 Prozent ab. Die D-Mark hingegen wurde auf den internationalen Devisenmärkten steinhart, der Dollar fiel fast auf den niedrigsten Wert aller Zeiten. An der New Yorker Wall Street sackte sein Kurs gestern abend auf 1,3998 DM. Britisches Pfund und französischer Franc fielen in London und Paris auf neue Tiefstände gegenüber der Mark. Reisen werden für Deutsche damit billiger, während die Exportwirtschaft lamentiert. „Eine noch höhere Arbeitslosigkeit und noch weniger Direktinvestitionen“ werden die Folge der DM-Stärke sein, prognostiziert der Chefökonom der Deutschen Bank, Norbert Walter, gegenüber der taz.

Aufgrund der neuerlichen Abwertung sind die beiden iberischen Länder auf keinen Fall dabei, sollte Anfang 1997 eine europäische Einheitswährung eingeführt werden. Denn eine der Voraussetzungen für die Teilnahme ist, daß das Geld zwei Jahre lang nicht abgewertet wurde und es sich während dieser Zeit in den Schwankungsbandbreiten des Europäischen Währungssystems (EWS) halten konnte.

Erst im Sommer 1993 hatten die beteiligten Regierungen beschlossen, die erlaubten Wechselkursschwankungen extrem auszuweiten. Von einem festgelegten Mittelwert durften die Währungen fortan 15 Prozent nach oben und unten abweichen. Doch trotz dieses ausgesprochen laschen Gummibands hatte sich die Peseta in den letzten Wochen bedenklich nah der Marge genähert, ab der die Zentralbanken zum Eingreifen gezwungen sind. Nicht nur die angebliche Unterstützung von Todesschwadronen im Baskenland, sondern auch mehrere Korruptionsaffären hatten die spanische Regierung in Verruf gebracht. Folge: Anleger zogen ihr Geld ab. „Die Schaffung der Währungsunion ist nicht beeinträchtigt“, versuchte der zuständige EU-Kommissar Yves Thibault dennoch zu beruhigen.

Aber die Anleger fliehen nicht nur aus europäischen Währungen, sondern auch aus dem US-Dollar in die D-Mark. Gestern wurde der Greenback für nur 1,397 DM gehandelt – etwa fünf Pfennig niedriger als am Freitag. Die japanische Notenbank versuchte mit Dollarkäufen den Kurs zu stützen. Sogar ein außerordentliches Treffen der sieben führenden Industrienationen (G7) wurde von Japans Finanzminister ins Auge gefaßt. Deutsche- Bank-Ökonom Norbert Walter hingegen rät taz-Lesern, jetzt Dollars einzukaufen. „Man sollte in Bezug zum Dollar am besten schnell handeln.“ Die Dollar-Schwäche entspreche nicht den positiven Wirtschaftsdaten in den USA. „Die Dynamik der US-Wirtschaft ist so eindeutig positiv, daß mir die Interpretation der Finanzmärkte mit den realen und geostrategischen Gegebenheiten nicht übereinzustimmen scheint.“ aje Tagesthema Seite 3