■ Eiskunstlaufen
: Das böse Mädchen

Birmingham (dpa/taz) – In eindrucksvoller Manier zeigte die 17jährige US-Amerikanerin Nicole Bobek zu Beginn der Weltmeisterschaften, daß ihre Einbruchsaffäre, zumindest was das sportliche Auftreten angeht, keine Spuren hinterlassen hat. Das neue „Bad Girl“ (Birmingham Post) des Eislaufens gewann nervenstark und souverän die Qualifikationsgruppe B, verwies dabei die chinesische Olympia-Dritte Lu Chen auf den zweiten Rang und demonstrierte, daß sie in Birmingham durchaus zu den Medaillenanwärterinnen zählt.

Kurz vor der WM war bekannt geworden, daß die neue US-Meisterin im Januar wegen angeblichen Einbruchs in das Detroiter Haus einer Freundin verurteilt worden war. In Abwesenheit der Familie hatte Bobek, die den Nummerncode von ihrer Freundin bekommen hatte, das Haus betreten und soll herumliegendes Geld an sich genommen haben. Obwohl die erstattete Anzeige später zurückgezogen wurde, erhielt die Eisläuferin zwei Jahre Jugendstrafe auf Bewährung. Die Strafe wurde jetzt aufgehoben, weil der Grundsatz der Vertraulichkeit verletzt worden war. „Die vergangenen Wochen waren sehr schwer für mich. Ich habe dazu nichts zu sagen, alles ist bekannt“, erklärte Nicole Bobek nach erfolgreich überstandener Qualifikation. Der US-Verband hatte auf Maßnahmen gegen die 17jährige, deren Anwalt die Konkurrenz als Quelle der Indiskretion vermutet, verzichtet. „Wir wollen nicht, daß wieder so ein Müll ausgeschüttet wird wie bei den Olympischen Winterspielen in Lillehammer“, sagte Cheftrainer Jim Disbrow.

Die Qualifikationsgruppe A für den Frauen-Wettbewerb, der am Freitag mit dem Kurzprogramm beginnt und am Samstag mit der Kür endet, gewann die 16jährige Russin Irina Slutskaja. Die ersten Zehn der letzten WM, darunter Tanja Szewczenko (Düsseldorf) und Marina Kielmann (Dortmund), sind für das Hauptfeld gesetzt.

Favoritin auf den Titel ist wieder einmal die sprunggewaltige Europameisterin Surya Bonaly (Frankreich). Für Spannung bei dieser WM, die ohne Olympiasiegerin Oksana Bajul, ohne Katarina Witt, Nancy Kerrigan und Tonya Harding zu einer faden Angelegenheit zu werden drohte, sorgt jedoch in erster Linie Nicole Bobek. „Wenn Nicole gut läuft, reicht keine an sie heran“, sagt ihre Ex-Trainerin Kathy Casey.