Stille Reserven sind tief

■ Wie die Fernsehgebühren der neuen Länder statt arte ARD und ZDF helfen

Seit Jahresbeginn ist die Nation ein einig Fernsehvolk. Jedenfalls gebührenmäßig. Mit dem Sondertarif für die neuen Bundesländer ist es vorbei, jetzt werden auch dort 23,80 Mark monatlich bezahlt, 1,60 mehr als bisher. Allerdings: Die zusätzlichen Gebührengroschen waren ursprünglich für andere Zwecke gedacht als die, denen sie jetzt dienen sollen.

Denn als 1992 der Preis für Radio und Fernsehen um 4,80 Mark heraufgesetzt wurde – zunächst nur im Westen –, waren davon lediglich 2,30 Mark reguläre Erhöhung. Der größere Teil sollte Sonderaufgaben zugute kommen: eine Mark für den Rundfunk- und Fernsehanschub Ost, dazu je 75 Pfennig für das neue „DeutschlandRadio“ und für arte.

Die Anschubfinanzierung ist zwar just abgeschlossen, sogar ohne daß es die letzte Mark gekostet hätte. ORB und MDR haben ausgeglichene Haushalte. Dennoch bleibt's weiter bei dem Aufbauzuschlag – seit Ost wie West ihn zahlen rund 410 Millionen pro Jahr. Auch das bundesweite „DeutschlandRadio“, das in diesem Jahr zehn Millionen Mark seines Budgets übrigbehalten wird, hat sich für ARD und ZDF gelohnt. Schon vor dem Start hatte es ihnen zu einem netten Zubrot von gut 250 Millionen Mark verholfen: Die Rundfunkteilnehmer der Altrepublik mußten bereits zahlen, als es das Radio noch gar nicht gab.

Weil sie an das zweckgebundene Geld erst einmal nicht herankamen, machten die Fernsehanstalten mit der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder Ende 1993 einen Deal: Die hob die Zweckbindung auf, so daß ARD und ZDF die Millionen unter sich aufteilen durften. Dafür mußten sie sich ein Jahr länger als geplant, bis Ende 1996, mit den 1992 festgelegten Gebühren zufriedengeben.

Schließlich sind da noch die jährlich etwa 65 Millionen, die fortan die Fernsehhaushalte Ost jährlich zweckgebunden für arte zusammentragen. Auch sie fließen jetzt in die Kassen von ARD und ZDF statt in den Straßburger Sender, und das kam so: Schlitzohrig hatten der damalige ARD-Vorsitzende Jobst Plog und ZDF-Intendant Dieter Stolte den versammelten Ministerpräsidenten die deutsch-französischen arte-Verträge vorgehalten. Dort sind als deutscher 50-Prozent-Anteil am Jahresbudget 210 Millionen festgeschrieben. Weil aber die Extragebühr für arte 1992 so bemessen worden war, daß sich diese Summe bereits voll aus den 75 Pfennigen der Westzuschauer ergibt, brauche das restliche Geld nicht an arte weitergegeben zu werden.

Da die Ministerpräsidenten seinerzeit der Gebührenbemessung zugestimmt hatten, verlegten sie sich jetzt lieber auf sibyllinisches Stillhalten: Solange arte mit seinem bisherigen Budget auskomme und die Ost-Millionen nicht für sich reklamiere, werde ihre gesetzliche Zweckbindung auch nicht juristisch erzwungen. So jedenfalls interpretiert es Hans Dieter Drewitz, Medienreferent der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, die in der Rundfunkkommission der Länder die Federführung innehat.

Kein Wunder, daß „arte Deutschland“ für sich kein Geld reklamiert: sie ist nichts anderes als eine Gemeinschafts-GmbH von ARD und ZDF in Baden-Baden. Und die hortet nicht nur mittlerweile 70 bis 80 Millionen Mark „stille Reserven“ für teure Einkäufe bei den Mutterhäusern. Unter Regie des ZDF-Mannes Hans- Günther Brüske und des arte-Beauftragten der ARD, Christof Schmid vom SWF, sorgt sie auch für den größtmöglichen ständigen Abfluß des arte-Etats zu ARD und ZDF. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt. Ulla Küspert