Unicef: Entwicklung ist doch möglich

■ In manchen armen Ländern geht es den Menschen besser

Kopenhagen (taz) – Mit ihrem Besuch des Forums der regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs) beim Weltsozialgipfel in Kopenhagen provozierten Vertreter der Weltbank gestern lautstarken Protest. Die NGO-Vertreter hielten mit ihrer Kritik an den Entwicklungsstrategien der Weltbank nicht hinterm Berg. „Natürlich haben wir in der Vergangenheit Fehler gemacht“, räumte ein Sprecher der Weltbank ein, „aber das ist in diesem Geschäft nun mal nicht zu vermeiden.“ „Ihr schämt euch wohl für gar nichts“, lautete die Antwort aus NGO-Reihen.

Trotz ihrer Beteuerungen, sie habe ihren Ansatz bereits geändert, engagiert sich die Weltbank nach wie vor in Megaprojekten. Aber wer kann schon von sich behaupten, gute Entwicklungspolitik zu machen? Vorläufiges Ergebnis des Sozialgipfels in der dänischen Hauptstadt: Es wird viel geredet, aber es gibt kaum neue Initiativen, um die Armut in der Welt wirksam zu bekämpfen.

In einem neuen Buch, das am Dienstag auf dem Gipfel vorgestellt wurde, beschreibt das UNO- Kinderhilfswerk Unicef einige Lösungsversuche. „Erfolgreiche Beispiele“ (Profiles in Success) präsentiert Fallbeispiele von elf Ländern, die nach Maßgabe der Organisation auf dem Gebiet der Sozialpolitik schon einiges erreicht haben. Von den ökonomisch erfolgreichen Ländern, wie etwa Südkorea, bis zu den armen wie Simbabwe und Kuba, können alle elf inzwischen auf überdurchschnittliche Erfolge in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Sozialfürsorge verweisen. Sri Lanka etwa, ein Land mit einem jährlichen Pro- Kopf-Einkommen von nur 500 US-Dollar (1991), hat es geschafft, die Sterblichkeitsrate von Kleinkindern erheblich zu senken: von 90 pro 1.000 Geburten im Jahre 1960 auf 15 pro 1.000 1993 – und das im Vergleich mit einem südasiatischen Durchschnitt von 97 pro 1.000. Und in Botswana, einem Land mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 2.500 US-Dollar pro Jahr, sank die genannte Rate im selben Zeitraum von 117 auf 43.

Die meisten Entwicklungsländer sprechen zwar vom Aufbau der Gesundheitsversorgung in Städten und Dörfern. Doch das seien oft nur Lippenbekenntnisse, stellt Unicef fest und verweist auf die Musterländer wie Sri Lanka. Dort muß jeder Arzt eine Zeitlang im allgemeinen Gesundheitssystem arbeiten – was dazu führte, daß dort mittlerweile 94 Prozent der Geburten von Ärzten und Hebammen überwacht werden. In Asien liegt dieser Durchschnittswert lediglich bei 29 Prozent.

Ähnlich positiv liest sich die Bilanz für Botswana. Dort werden 78 Prozent aller Geburten medizinisch überwacht – in den Nachbarländern sind es nur 38 Prozent. Erreicht wurde dies in Botswana in relativ kurzer Zeit – in den siebziger Jahren zählte das Land noch zu den ärmsten und am schlechtesten versorgten Staaten der Erde. Heute leben dort vier von fünf Menschen höchstens 15 Kilometer von einer Arztpraxis entfernt.

Keine der Regierungen jedenfalls hat sich nur auf die Kräfte des Marktes oder die Folgen wirtschaftlichen Wachstums verlassen. Und, wie Unicef betont, es komme vor allem darauf an, daß die Bürokraten und Politiker auf die Bedürfnisse der Bevölkerung reagieren.

Trotzdem schränkt auch Unicef ein, daß die Erfolge von Jahr zu Jahr unterschiedlich sind. Beide Staaten, Botswana und Sri Lanka, stehen noch immer vor großen Problemen. Armut ist immer noch extrem weit verbreitet; in Sri Lanka lebt noch ein Viertel der Bevölkerung unter völlig unzureichenden Bedingungen. Doch beide Beispiele zeigen, so meint Unicef, daß Entwicklung erfolgreich sein kann. Hugh Williamson