„Er ist nur billiger geworden“

■ Milton Friedman, 82 Jahre alt, ist Vordenker aller Monetaristen

Renaud Lecadre: Wie tief kann der Dollar noch fallen?

Milton Friedman: Ich weiß nicht, warum er überhaupt fällt. Er bleibt grundsätzlich eine sehr starke Währung. Die Inflation wird in den USA niedrig bleiben, das Wachstum hält an. Es gibt deshalb wirklich keinen Grund dafür, daß der Dollarkurs fällt.

Haben die Märkte den Verstand verloren?

Nein, aber ich verstehe nicht, was geschieht. Wenn heute eine Währung schwach werden sollte, dann ist es die Mark – wegen der wirtschaftlichen Lage Deutschlands. Aber auf dem Markt verhält sie sich ganz anders.

Ist der Zusammenbruch des Dollars nur ein Zufall?

Ich bin nicht sicher, daß der Dollar zusammenbricht. Er ist nur billiger geworden, was nicht ganz dasselbe ist. Wirklich zusammengebrochen ist der mexikanische Peso. Ich glaube, daß der Dollar die wichtigste Reservewährung bleiben wird. Die Gefahr, daß er von der Mark abgelöst wird, besteht nicht, dafür sind die deutschen Finanzmärkte zu klein.

Hat in Europa eine Einheitswährung noch eine Chance?

Kaum. Ich glaube an keine Einheitswährung. Man wird immer wechselnde Kurse brauchen, um die Volkswirtschaften aufeinander abzustimmen. Das wird auch 1999 noch so sein.

Und wenn die Regierungen sich mehr dafür engagieren?

Die politischen Wünsche sind eine Sache, die wirtschaftlichen Möglichkeiten eine andere. Eine Währung braucht ein Finanzzentrum und ein Institut, das sie kontrolliert. Die einzige Chance bestünde darin, alle europäischen Zentralbanken mit Ausnahme einer einzigen zu schließen. Wenn die eine, die übrig bleibt, die Deutsche Bundesbank wäre, wäre ich vielleicht noch optimistisch.

Doch werden das Frankreich und Großbritannien akzeptieren?

Die Politiker werden nicht wagen, so etwas auch nur vorzuschlagen. Aber vielleicht irre ich mich.

(C) „Libération“, Übers.: nh