Brasiliens Exporte sollen billiger werden

■ Real gegenüber dem Dollar abgewertet / Hoffnung auf neuen Handelsüberschuß

Rio de Janeiro (taz) – Brasiliens Regierung zieht die Notbremse. Nach dem Fiasko in Mexiko und der Krise im Nachbarland Argentinien verkündete Brasiliens Finanzminister Pedro Malan am Montag eine Abwertung der brasilianischen Währung Real gegenüber dem US-Dollar. Anstelle eines festen Umtauschkurses legt die Regierung künftig lediglich Grenzwerte fest. Innerhalb der offiziell vorgegebenen Spanne sollen Angebot und Nachfrage den Wert des Real bestimmen.

Die Abwertung des Real war in Wirtschaftskreisen und insbesondere vom brasilianischen Exportsektor schon länger gefordert worden. Nach der Bekanntgabe des Handesbilanzdefizits im Februar in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar blieb Brasiliens Regierung praktisch keine andere Wahl. Denn die Überbewertung der im Juli vergangenen Jahres geschaffenen neuen Währungseinheit verteuerte Brasiliens Exportprodukte und überschwemmte das Land mit Billigimporten. Erstmals in der Wirtschaftsgeschichte des Landes drohte sich die traditionell positive Handelsbilanz in ein Defizit umzukehren.

Die Hoffnung, daß Brasilien seine laufenden Defizite mit Auslandskapital decken kann, wurde durch den finanziellen Erdrutsch in Mexiko zunichte gemacht. Neben den Deviseneinnahmen aus dem Handelsbilanzüberschuß setzt Brasiliens Regierung verstärkt auf die Privatisierung von Staatsbetrieben. Der Verkauf von „Blue Chips“ aus der Elektro- und Energiebranche, der Telekommunikation, dem Mineralöl-Riesen „Petrobra“ sowie der Vorzeigefirma „Vale do Rio Doce“ (Eisenerz) soll das verschreckte Auslandskapital in Lateinamerika nach Brasilien umleiten.

„Das Bankensystem ist geschickt. Es garantiert den Wirtschaftsplan“, kommentiert der Wirtschaftsjournalist Luiz Nassif den Schachzug von Finanzminister Malan. Statt wie bisher 0,84 Dollar soll der Real nun zwischen 0,86 und 0,90 Dollar gehandelt werden. Vom Mai an wird der obere Grenzwert auf 0,98 Dollar erhöht. Mit anderen Worten: Brasiliens Regierung will mindestens zum Dollar- Real-Verhältnis zurückkehren, das sie bei der Währungsreform im letzten Juli festgelegt hatte.

Die Währungsreform machte der hartnäckigen Inflation in der zehntgrößten Industrienation vorläufig ein Ende. Für brasilianische Verhältnisse traumhafte Inflationsraten von monatlich höchstens zwei Prozent garantierten Ex-Finanzminister Fernando Henrique Cardoso im Oktober vergangenen Jahres die Wahl zum Staatsoberhaupt. Von dem siebten Anti-Inflationsprogramm innerhalb von neun Jahren hängt die politische Zukunft des 63jährigen Präsidenten ab. Astrid Prange