Verschnaufpause für den Dollar

■ Vage Äußerungen der Notenbankchefs in Frankfurt und Washington stützen die US-Währung / HändlerInnen schätzen den Dollar weiterhin als sehr labil ein / Run auf die Banken zunächst zu Ende

Berlin (taz/IPS/dpa) – Dem Dollar ging es gestern wieder etwas besser: Am Mittag wurde er für 1,397 Mark gehandelt. Damit ist zunächst auch das Schlußverkaufserlebnis für die Leute hinterm Bankschalter zu Ende. Am Mittwoch hatten sie sich mit einem Ansturm von KundInnen konfrontiert gesehen, die auf der Suche nach einem Währungsschnäppchen massenweise Devisen aufkaufen wollten. In vielen Banken war die US-Währung schon am Morgen vergriffen; auch Lire und Peseten wurden knapp.

Aber weniger die KleinspekulantInnen haben der US-Währung zu einer Erholung verholfen, als vielmehr die gesetzten Worte der Zentralbankchefs aus Deutschland und den Vereinigten Staaten. Dabei hat sich Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer im Grunde reichlich nebulös geäußert. Es werde geprüft, ob die jüngsten Devisenmarktentwicklungen den Spielraum für eine kleine Zinssenkung zuließen, sagte er zunächst. Das würde die Mark unattraktiver machen als bisher und ihr damit den Aufwertungsdruck nehmen. Entscheidend sei aber, daß die Mark auf keinen Fall weich werden dürfe, wiederholte Tietmeyer hernach das uralte Credo seines Instituts. Deshalb müsse ebenso geprüft werden, ob die Zinsen nicht im Gegenteil in absehbarer Zeit angehoben werden müßten.

Aber auch die harsche Kritik des US-Notenbankvorsitzenden Alan Greenspan vorm Haushaltsausschuß des Kongresses am immensen Haushalts- und Handelsdefizit des Landes nahmen die Währungsspekulanten als gutes Zeichen für die US-Währung. Denn Greenspan deutete in seiner Rede zugleich eine mögliche Zinserhöhung an – das ließ den Dollar gleich attraktiver erscheinen. Außerdem verteuert die kurzfristige Heraufsetzung der Geldmarktzinsen die Spekulation. Häufig nehmen die Großanleger, die eine Währung herunterzuwirtschaften versuchen, einen Kredit auf. Nicht nur durch den raschen Verkauf des gerade erhaltenen Geldes gegen stärkere Devisen üben sie Druck auf die geschwächte Währung aus. Sie können den Kredit später auch billiger, gemessen in einer harten Währung, zurückzahlen. Die Heraufsetzung der Zinsen macht diesen Weg wesentlich unattraktiver, weil der Trick dann nur noch bei einem immens hohen Kurssturz funktioniert.

Die HändlerInnen forderten von den Notenbankchefs: Jetzt müssen Taten folgen. Ansonsten werde der Dollar schon in kurzer Zeit wieder unter Druck geraten.

Auch Japan versuchte gestern, zur Genesung des Dollar beizutragen, um die eigenen Produkte auf den internationalen Märkten wieder attraktiver zu machen. Erneut kaufte die Notenbank eine unbekannte Menge Dollar auf. Währungsexperten in Tokio aber glauben, daß das nicht viel nützt: Japanische Exporteure werden versuchen, ihre hohen Dollarbestände zu dem relativ günstigen Preis rasch zu verkaufen und damit die US-Währung erneut unter Druck setzen, prognostizierten sie. aje