■ Mit Sozialklauseln auf du und du
: Freihandel ganz sozial

Kopenhagen (taz) – Ein Thema wird beim Weltsozialgipfel in Kopenhagen immer wieder heftig diskutiert: die „sozialen Dimensionen des Welthandels“.

Konkret geht es um sogenannte Sozialklauseln, mit denen internationale Mindeststandards für Arbeiter und Angestellte festgelegt werden. Doch die Diskussionen unter den Delegierten zeigen, daß die Konflikte bei diesem Thema kaum zu überbrücken sind – weshalb das Thema auch nicht auf der offiziellen Tagesordnung steht.

Die Sozialklausel, wie sie die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) fordert, sieht sieben Kernpunkte vor. Dazu gehören das Verbot von Kinderarbeit, das Verbot der Diskriminierung am Arbeitsplatz, das Recht auf gewerkschaftliche Organisation und die Koalitionsfreiheit, also das Recht, Tarifverträge abzuschließen. Eine derartige Sozialklausel könnte in internationale Abkommen aufgenommen werden – und zwar sowohl in Abkommen zwischen zwei Staaten wie auch in den Gatt- Vertrag.

Die Europäische Union hat bereits eine Sozialklausel eingeführt. Partner sind dabei die Entwicklungsländer, die bisher geringere Zölle zahlen mußten, wenn sie Waren in die Europäischen Union lieferten. Seit Januar ist diese Vergünstigung nun an eine Sozialklausel gekoppelt. Die Vergünstigungen können sofort gestrichen werden, sofern in einem Land Sklaverei oder Zwangsarbeit festgestellt werden. Und in drei Jahren will die EU die Anforderungen erhöhen – dann müssen die Entwicklungsländer voraussichtlich auch andere Forderungen der ILO erfüllen, wenn sie geringere Zölle genießen wollen. Frankreich versucht zur Zeit auch, die anderen EU- Staaten für eine Sozialklausel im Gatt (jetzt WTO genannt) zu finden. In Kopenhagen haben französische Politiker nun vorgeschlagen, die Abschlußerklärung des Weltsozialgipfels entsprechend zu ergänzen. Doch eine Mehrheit werden die Franzosen auf dem Gipfel mit Sicherheit nicht finden. Denn die meisten Entwicklungsländer lehnen solche Sozialklauseln ab. Sie vermuten hinter hehren Zielen ganz schnöde protektionistische Ziele der Industriestaaten: Solche Verpflichtungen sollen nur die heimische Industrie vor Konkurrenz aus den Entwicklungsländern schützen. Hugh Williamson