Ein „Ökopärchen“ auf dem Prüfstand

■ Verfassungsrichter prüft Vorwürfe gegen Ministerin Griefahn (SPD): Angeblich wollte sie Ehemann begünstigen

Hannover (taz) – Wie lange es dauert, bis die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn (SPD) ihr Amt wieder aufnehmen kann, war gestern nicht zu erfahren. Nachdem Griefahn beurlaubt wurde, erklärte Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD), die Untersuchung durch den Verfassungsrichter Helmut Simon solle zwar zügig vorgenommen werden, er wolle Simon aber keine Termine setzen.

Monika Griefahn wird vorgeworfen, ihren Ehemann Michael Braungart bei den Planungen für die Expo 2000 begünstigt zu haben. Daß sie aber ihrem Mann tatsächlich Aufträge zugeschanzt oder irgendwelche materiellen Vorteile verschafft habe, behauptet in dieser Affäre eigentlich niemand. Fest steht bisher, daß Monika Griefahn als stellvertretende Vorsitzende dem Expo-Aufsichtsrat ein umfangreiches Papier zur Umsetzung des Ausstellungsmottos „Mensch- Natur-Technik“ vorgelegt hat. In diesem Papier wird an drei Stellen ein Gutachten als beispielhaft gelobt, das Ehemann Braungart im Jahre 1991 für die Stadt Hannover erarbeitet hatte. Braungarts Idee war es, ein Expo-Gütesiegel international zu vermarkten und aus den Einnahmen auch Expo-Projekte aus Ländern der Dritten Welt und von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu finanzieren. In einem Anfang 1992 für die Stadt Hannover geschriebenen vierseitigen Finanzpapier rechnete Braungart mit völlig unrealistischen Lizenzeinnahmen von 5,5 Milliarden Mark aus der Vergabe der Gütesiegel, der sogenannten „2000 Schlüssel zum Leben“. Für das Management der Projekte der NGOs und Drittweltländer setzte Braungart damals 15 Prozent der eingenommenen Summe oder 620 Millionen Mark ein. Das vierseitige Finanzpapier ging davon aus, daß Braungarts Hamburger EPEA-Institut dieses Projektmagement übernehmen würde. Zu dieser Zeit gab es allerdings noch keinen Expo-Aufsichtsrat, in dem Monika Griefahn hätte sitzen können.

Daß in den vergangenen vier Monaten Michael Braungart mit zwei Expo-Geschäftsführern über das Lizensierungmodell gesprochen hat, bestreitet auch Monika Griefahn nicht. Von vorneherein sei es aber dabei, wenn überhaupt, nur um eine ehrenamtliche Beratertätigkeit ihres Ehemannes für die Weltausstellung gegangen, erklärte Monika Griefahn.

Aus den Gesprächsvermerken, die die beiden Expo-Geschäftsführer Andreas Groß und Konrad Heede nach ihren Kontakten mit Braungart fertigten, hat inzwischen die Bild-Zeitung zitiert. Nach dem ersten Gespräch, um das nicht Braungart, sondern die Expo bei Braungart nachgesucht hatte, wurde festgehalten: „Er (Braungart) selbst wird sich mit seinem Engagement aus politischen Gründen zurückhalten, hat aber Interesse, insbesondere bei den Industriekontakten und der damit verbundenen Lizenzvergabe tätig zu werden.“ In dem zweiten Gespräch im Januar in Hannover schrieb Expo-Chef Konrad Heede an Braungart: „Für ihren Besuch am 19. Januar 1995 danke ich Ihnen. Insbesondere für die Klarstellung, daß es von ihrer Seite keinerlei finanzielle Interessen gibt.“ Offen läßt diese Formulierung allerdings, ob die genannte „Klarstellung“ denn nötig war.

Michael Braungart hat jetzt in einer Erklärung noch einmal versichert, daß „für mich geschäftliche Beziehungen zur Expo ausgeschlossen waren“. Nun hat der Sonderermittler Helmut Simon im Detail aufzuklären, was Braungart denn nun genau mit den beiden Expo-Geschäftsführern besprochen hat. Ob ihm das gelingt, ist fraglich.

Doch die Expo GmbH ist eine private Gesellschaft, und damit keineswegs zur Offenlegung ihrer Papiere oder zu Aussage gegenüber Helmut Simon verpflichtet. Bisher haben die Expo-Geschäftsführer zu der Affäre geschwiegen. Jürgen Voges