Winnie sorgt für Furore

Neue Vorwürfe gegen die Ehefrau des südafrikanischen Präsidenten Mandela  ■ Aus Johannesburg Willi Germund

Für Winnie Mandela, die Vorsitzende der Frauenliga des „African National Congress“ (ANC) und stellvertretende Ministerin für Kultur, Wissenschaft und Technologie, gibt es keinen Zweifel an der Tragweite der Furore, in die sie seit mehreren Wochen verwickelt ist. „Die Diskussionen haben das Ausmaß einer nationalen Krise angenommen, und deshalb ist die Intervention des Präsidenten notwendig“, hieß es in einem Schreiben, in dem sie ein Treffen mit ihrem Ehemann, Südafrikas Staatsoberhaupt Nelson Mandela, verlangte. Doch der 77jährige Präsident, der sich im Jahr 1992 von der ehemaligen Krankenschwester trennte, zeigte der früheren „Mutter der Nation“ einmal mehr die kalte Schulter.

Anhänger in Townships

Sein Stellvertreter Thabo Mbeki soll die Suppe jetzt auslöffeln. Schließlich hat er sie sich selbst eingebrockt. Denn als der Staatspräsident vor einigen Wochen Winnie feuern wollte, legte Mbeki sich quer. Sie hatte bei dem Begräbnis eines von weißen Kollegen erschossenen schwarzen Polizisten erklärt: „Der Präsident hat den Versöhnungskurs mit der weißen Minderheit zu sehr verinnerlicht.“ Winnie Mandela sagte, was vor allem viele junge Leute in den Townships denken, die ein Jahr nach den ersten demokratischen Wahlen in der Geschichte des Landes wegen der bisher ausgebliebenen Veränderungen enttäuscht sind.

Und sie verehren Winnie Mandela, als ob weder die Affäre um den sogenannten „Fußball-Klub“ noch ihre Verurteilung wegen Kindesentführung, noch ihre Eskapaden in finanziellen Angelegenheiten je passiert wäre. Im Gegenteil: Entsprechende Veröffentlichungen wie Enthüllungen über angebliche Schmiergelder verstärken in diesen Kreisen den Verdacht, Winnie Mandela sei einer Hexenjagd durch das weiße Establishment ausgesetzt.

„Winnie ist die einzige ANC- Funktionärin, die sich noch in den Townships sehen läßt“, kommentiert ein Geistlicher in Thokoza am Ostrand von Johannesburg. In Sichtweite liegt die Pappkartonsiedlung Phola Park, in der über 30.000 Menschen vegetieren. Da macht es nichts, daß sie in blütenweißer Luxuslimousine durch die Schlammlöcher rauscht.

„Winnie Mandela hat ein schwieriges Leben gehabt“, verteidigt die ehemalige Oppositionspolitikerin Helen Susmann die Ehefrau von Nelson Mandela. Verbannung, Isolierung, Druck und Verfolgung durch das Apartheid-Regime und Hofierung durch die internationale Politik haben die heute 59jährige einstige erste schwarze Krankenschwester Südafrikas offenbar überfordert. Da wirkt sie häufig wie ein typisches Produkt des Zusammenpralls von afrikanischer Tradition und westlicher Welt – schließlich wuchs Winnie bei einer Sangoma, einer traditionellen Heilerin, auf.

Zweierlei Maß

Nelson Mandela, der für seine unbedingte Loyalität bekannt ist, hielt Winnie nach seiner Freilassung im Jahr 1990 selbst dann noch die Stange, als sie ihm bereits mit ihren Eskapaden auf die Nerven ging. Unvergessen ist eine gemeinsame Reise nach Kuba. Erst bestand Winnie darauf, ihren damaligen Liebhaber mit auf den Trip zu nehmen. Als das abgelehnt wurde, stritt sie sich in aller Öffentlichkeit mit dem heutigen Präsidenten. Die Trennung erfolgte, als die Eskapaden Nelson Mandela politisch zu schaden drohten.

Diese Gefahr droht auch gegenwärtig: Denn Winnie Mandela ist aus dem populistischen Material geschnitzt, auf dem eine linksgerichtete Alternative zum ANC aufgebaut werden könnte. Solange aber Winnie Mandela, die jetzt angeblich auch 20.000 US-Dollar an Schmiergeld von einer Baufirma kassierte, in Amt und Würden bleibt, sind die Beteuerungen der Regierung, man wolle gegen die Korruption vorgehen, unglaubwürdig. Wenn Winnie nicht angetastet wird, können auch andere Funktionäre schlecht wegen Korruption geschaßt werden – denn selbst Nelson Mandela kann in Südafrika nicht mit zweierlei Maß vorgehen.