Eine Empfehlung, sich selbst zu helfen

Wenn die Regierungen dieser Welt künftig ihre Politik statt an Profitmaximierung an Armutsbekämpfung ausrichten würden, wäre der UN-Weltsozialgipfel nicht ganz sinnlos gewesen  ■ Aus Kopenhagen Nicola Liebert

Enttäuschung über die Ergebnisse des Weltsozialgipfels war das überwiegende Gefühl, nicht nur bei den regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs), sondern auch bei vielen UNO-Vertretern. Keine konkreten Verpflichtungen über Schuldenerlaß und zusätzliche Mittel für die Entwicklungsfinanzierung, keine globalen Steuern, etwa auf Devisenspekulation, kein Weltsozialfonds, keine Sozialklauseln in internationalen Handelsverträgen, keine Verhaltenskodizes für multinationale Konzerne; die Einsparungen bei der Rüstung werden nicht für soziale Zwecke ausgegeben, und es wird kein ständiger Wirtschaftssicherheitsrat bei der UNO eingerichtet.

Die UN-Mitglieder einigten sich auf folgende Verpflichtungen:

1. Schaffung eines Umfelds, das den Menschen eine soziale Entwicklung ermöglicht;

2. Die Ausrottung von Armut;

3. Vollbeschäftigung;

4. Soziale Integration und Sicherung der Menschenrechte;

5. Besondere Förderung von Frauen;

6. Allgemeinenr Zugang zu Erziehung und Gesundheitsversorgung;

7. Die Entwicklung Afrikas und der am wenigsten entwickelten Länder;

8. Sozialverträglichkeit von Strukturanpassungsprogrammen;

9. Erhöhung oder effizientere Nutzung der Ressourcen für soziale Entwicklung;

10. Stärkung der internationalen Kooperation, vor allem im Rahmen der UNO.

Nur wenige greifbare Ergebnisse wurden im Schlußdokument von Kopenhagen verankert. Die Weltbank will die Strukturanpassungsprogramme künftig ein bißchen sozialverträglicher gestalten. Die verschuldeten Länder sollen künftig nicht mehr in erster Linie bei Erziehung und Gesundheit sparen. Die meisten Verpflichtungen gehen deutlich auf die Bedürfnisse der Frauen ein. Erstmals haben die Regierungen dieser Welt eingestanden, daß es in ihren Ländern Armut gibt. Wenn sie tatsächlich künftig ihre Politik an der Armutsbekämpfung und nicht an der Profitmaximierung ausrichten würden, wäre etwas gewonnen.

Traurig ist, daß es keine Einigung auf einen Folgeprozeß gab. Denn so kann jede Regierung auf sozialem Gebiet tun, soviel oder sowenig sie will. In diesem Kontext läßt sich der Deklaration noch etwas Positives abgewinnen: Mit der ständig darin wiederholten Betonung von „empowerment“ – das heißt, die Menschen sollen befähigt werden, sich selbst zu helfen und ihre Rechte einzufordern – werden die Armen erstmals nicht als bloße Opfer behandelt, sondern als Akteure. Denn sie sind es, die von ihren Regierungen jetzt Taten einfordern müssen.