Tamile von Abschiebung bedroht

■ Ein Flüchtling aus Sri Lanka hat in Bremen bessere Chancen als in Bremerhaven: Hier wird geduldet, dort droht die Abschiebung

Heute soll es im Bremer Senat zu einer für Flüchtlinge wichtigen Entscheidung kommen. Wenn der Antrag der Grünen angenommen wird, wird sich Bremen der von Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein im Bundesrat eingebrachten Initiative anschließen, nach der die Bundesländer zukünftig unabhängig von der Zustimmung von Bundesinnenminister Manfred Kanther einen Abschiebestopp erlassen können, der länger als sechs Monate währt. In einem zweiten Teil führt der Antrag insgesamt elf Krisengebiete auf, in die vorerst nicht mehr abgeschoben werden soll.

Dazu gehört auch Sri Lanka, das Heimatland von Rasiah A., der als Asylsuchender in Bremerhaven wohnt. Seine drei Kinder, zwei wurden hier in Deutschland geboren, leben ebenso hier, wie die Ehefrau. Über deren Asylantrag wurde bisher noch nicht entschieden, während der erste Asylantrag von Rasiah A. bereits abgelehnt wurde. Der Folgeantrag ist gestellt, doch das Bremerhavener Gericht hat der damit verbundenen aufschiebenden Wirkung für die Abschiebung nicht zugestimmt.

Das bedeutet, daß der Flüchtling täglich mit dem Autauchen der Polizei rechnen muß, die ihn sofort in Haft nimmt oder zum Flughafen transportiert. In diesem Fall wäre Rasiah. A. gezwungen, den Folgeantrag, sofern das überhaupt möglich ist, von Sri Lanka aus weiterzuverfolgen, dem Land also, in dem er politische Repressionen fürchten muß. So schreiben es die neuen Asylgesetze vor, deren Absurdität selbst Jutta Limbach, die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes, kürzlich monierte.

Um wenigstens zu verhindern, daß die Familie auseinandergerissen wird, könnte der Magistrat in Bremerhaven eine vorübergehende Duldung aussprechen, zumindest so lange, bis über den Asylantrag der Ehefrau entschieden ist. Zu diesem Schritt hat sich das Stadtamt Bremen in einem vergleichbaren Fall gerade durchgerungen und erteilte einem Tamilen eine viermonatige Duldung. Ungewöhnlich, kommentiert die Kampagne für Menschenrechte in Sri Lanka die neuerdings insgesamt humanere Praxis der Bremer Behörden. Diese sei jedoch einzig auf den öffentlichen Druck zurückzuführen, der durch die 33 Tage währende Aktionswache der TamilInnen am Ostertorgefängnis entstanden war.

Mit dem Verweis auf die derzeitige Bremer Praxis und das Recht auf Gleichbehandlung reichte der Anwalt des in Bremerhaven von Abschiebung bedrohten Tamilen einen Antrag auf Duldung ein. Dem aber gibt der „Sachgebietsleiter der Abteilung Ausländerwesen“ in Bremerhaven keine Chance: „Das sind schließlich zwei verschiedene Behörden,“ erklärt er. Aus dem „Bremer Fall“ erwachse kein Anspruch auf Gleichbehandlung. Das kann er sagen, auch ohne den „Bremer Fall“ zu kennen. Einen Grund, sich näher damit zu beschäftigen, kann er nicht erkennen. „Ich bin nicht dazu verpflichtet, mir den Bremer Fall anzugucken.“

Da jedoch eine Petition beim Oberbürgermeister eingereicht wurde, werde voraussichtlich in den nächsten Tagen keine Abschiebung vorgenommen. „Ein Datum gibt es nicht. Wir warten ab und werden die Sache dem OB vorlegen.“ Daß die Verweigerung der Duldung die tamilische Familie auf unabsehbare Zeit auseinanderreißen würde, kann den Sachgebietsleiter nicht beeindrucken: „Im Asylverfahren“, doziert er, „gibts nun mal keine Familienzusammenführung.“

Dora Hartmann

Parallel zur heutigen Senatssitzung veranstaltet die Kampagne für Menschenrechte in Sri Lanka ab 10 urh eine Kundgebung vor dem Rathaus.