Mosambik: Wer zahlt, ist mitschuldig

■ Auf der Hilfskonferenz in Paris stört Mosambiks Korruption die Geldgeber

Johannesburg (taz) – Die Idee schien vielversprechend: Wenn Südafrikas Krügerpark über die Grenze nach Mosambik erweitert wird, könnten dort doch auch private Tierparks entstehen, die gegen gutes Geld Touristen beherbergen würden. Es wäre ein Anfang für dringend benötigte Investitionen im kriegszerstörten Mosambik und würde rund 1.500 Arbeitsplätze schaffen, argumentierte eine Gruppe von Geschäftsleuten. Aber die zuständigen mosambikanischen Beamten weigerten sich, den Vorschlag dem Kabinett überhaupt vorzulegen. Der Grund: Die Unternehmer, zum größten Teil aus dem Ausland, wollten den saftigen Schmiergeldforderungen von 30.000 bis 50.000 US-Dollar nicht nachkommen – jedenfalls nicht schon in der Vorplanungsphase.

Die Korruption gehört zu den wichtigsten Tagesordnungspunkten einer zweitägigen internationalen Geberkonferenz zu Mosambik, die gestern in Paris begonnen hat. Für Mosambik sind die Ergebnisse dieser Konferenz, die über das Ausmaß der ausländischen Hilfe in diesem Jahr entscheiden soll, lebenswichtig: 98 Prozent des Bruttosozialprodukts des afrikanischen Landes stammen aus der Auslandshilfe. Aber nachdem ein Untersuchungsbericht der Weltbank aufdeckte, daß korrupte mosambikanische Bürokraten im Laufe des Jahres 1993 satte 160 Millionen US-Dollar in den eigenen Taschen verschwinden ließen – das sind 90 Prozent des Staatshaushalts –, sind die Geldgeber zögerlich geworden. Das UNO- Welternährungsprogramm reduzierte bereits letztes Jahr die Menge der Nahrungmittel, die über mosambikanische Regierungstellen verteilt werden, auf 13 Prozent ihrer Gesamthilfe – der Rest wurde danach von ausländischen regierungsunabhängigen Gruppen unter die Leute gebracht.

Die Hilfskonferenz läuft jetzt pikanterweise zeitgleich zu einer internationalen Korruptionstagung der „Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (OECD), die ebenfalls in Paris stattfindet. Mosambiks Regierung präsentierte den Gebern zum Auftakt eine Forderung von 1,1 Milliarden US-Dollar. Anfang des Jahres peilte Finanzminister Tomas Salamao noch 1,5 Milliarden an. Doch die meisten Geberländer werden auch einem verkleinerten Unterstützungspaket nur grimmig zustimmen.

Der Grund liegt nicht nur in den Korruptionsvorwürfen. Der seit der Unabhängigkeit 1975 amtierenden Regierung der Frelimo- Partei wird auch vorgeworfen, den einstigen Rebellen der Renamo eine Regierungsbeteiligung zu verweigern. Bei den ersten demokratischen Wahlen in der Geschichte des Landes im Oktober 1994 hatte die einst marxistische Frelimo 129 Parlamentssitze errungen, gegenüber 121 für die Opposition – eine knappe absolute Mehrheit. In fünf von elf Provinzen, den außer Maputo wirtschaftlich bedeutsamsten und bevölkerungsreichsten, lag Renamo vorn. Aufgrund der schlechten Erfahrungen in Angola nach den dortigen Wahlen 1992 drangen ausländische Beobachter in Mosambik daher auf eine Koalitionsregierung der beiden einstigen Kriegsparteien, um den Frieden zu wahren. Chissano weigerte sich indes, einer Regierungsbeteiligung der Ex-Rebellen zuzustimmen. Auch alle Gouverneursposten wurden an Frelimo-Funktionäre verteilt. Und bei der augenblicklich anstehenden Postenvergabe der Distriktverwalter wird die Opposition voraussichtlich ebenfalls leer ausgehen. Erste Zeichen der Unzufriedenheit bei Renamo sind nicht zu übersehen: Sie verlangte, daß in ihren Hochburgen – die Provinzen Sofola, Tete, Nampula, Zambesia und Manica – die Unternehmer ihre Steuern nicht an die Regierung, sondern direkt an die Opposition zahlen.

Die unabhängige Wochenzeitung Sabana bezeichnet das Verhalten der Regierung als „Politik von Brandstiftern“. Herausgeber Fernando Lima sagt: „Frelimo kehrt zu den alten Zeiten der Einheitspartei zurück.“ Auch ein europäischer Diplomat ist unglücklich: „Nach 16 Jahren Bürgerkrieg wäre eine Politik der Aussöhnung angebracht. Dazu wäre eine Machtbeteiligung notwendig.“

Nun stehen die Geberländer vor einem Dilemma. Sie können dem ausgebluteten Mosambik nicht einfach den Geldhahn abdrehen, aber sie wollen auch keine schlechte Politik fördern. Die skandinavischen Staaten sind bereit, weiter „wertfreie“ Entwicklungshilfe zu leisten. Die USA und in ihrem Schlepptau auch Deutschland wollen die weitere Hilfe zwar nicht Bedingungen unterwerfen, aber zumindest die „Erwartungen“ an Maputo deutlich hervorheben. Im Vorfeld hat die mosambikanische Regierung versucht, die Kritiker zu besänftigen: Sie strich den Verteidigungshaushalt von 3,9 Prozent des Bruttosozialprodukts auf 1,9 Prozent zusammen und versprach, Korruption zu bekämpfen. So müssen Regierungsfunktionäre ab sofort ihre Besitztümer offenlegen, die dann später einmal mit den wahren Eigentumsverhältnissen verglichen werden sollen. Aber ein Geschäftsmann in der Hafenstadt Beira warnt vor Optimismus: „Die Korruption wird schon seit vielen Jahren bekämpft. Das Ergebnis: Früher mußte ich eine Flasche Whisky springen lassen, um meine Sachen durch den Zoll zu holen. Jetzt muß ich schon ein Auto hinstellen.“ Willi Germund