Die 11. Bauchspiegelung?

■ Fehlbehandlungen von sexuell mißbrauchten Frauen sollen ein Ende haben / Die Krankenkassen holten sich Rat bei der Bremer Gleichstellungsbeauftragten

Zehn Bauchspiegelungen und kein Ende in Sicht, vielleicht zwischendurch mal eine Hysterektomie, die Entfernung der Gebärmutter – nicht wenige Frauen können eine solche Krankheitsbiographie aufweisen. Ihre Symptome sind chronischer Scheidenausfluß, Dauerblutungen, Eßstörungen. Sie werden von Ärztin zu Ärztin geschickt und von einem Krankenhaus zum nächsten weitergereicht, ohne daß ihnen wirklich geholfen wird. „Die Frauen werden falsch behandelt“, sagt Ulrike Hauffe, die Bremer Gleichstellungsbeauftragte. „Denn in den seltensten Fällen wird berücksichtigt, daß viele von ihnen sexuelle Gewalt erfahren haben. Diese Frauen bräuchten eine Therapie statt einer organischen Behandlung.“

Gestern saß Ulrike Hauffe bei den Vertretern der Krankenkassen: AOK, VdAK (Verband der Angestelltenkrankenkassen) und den Betriebskrankenkassen. „Wir haben diese Defizite zur Kenntnis genommen“, kommentiert Klaus Stratmann, Vertragsreferent der AOK in Bremen, der das Treffen initiiert hat. „Frau Hauffe hat uns klargemacht, daß viele Frauen gerade auf gynäkologischen Stationen Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen, die nicht adäquat sind. Jetzt müssen wir Lösungsmöglichkeiten diskutieren, denn wir als Krankenkassen wollen ja nicht unnütze Leistungen bezahlen.“

Einen Arbeitsauftrag haben die Krankenkassen nun Ulrike Hauffe sowie der niedergelassenen Gynäkologin Mura Kastendieck und Dagmar Erwes erteilt, die an der Heines-Klinik eine Frauentherapiestation leitet. Sie sollen auflisten, welche Bremer Einrichtungen betroffene Frauen schon ihren Symptomen entsprechend psychosomatisch behandeln, das Frauentherapiezentrum etwa, oder das Frauengesundheitszentrum. Die Krankenkassen wollen sich überlegen, ob sie dort nicht mit ihren Leistungen einsteigen können. „Da könnten die ganzen Frauengesundheitsprojekte endlich anerkannt, also für die Frauentherapie ermächtigt werden“, sagt Ulrike Hauffe.

„Sind die Frauen bereits in der Klinik, müssen die Krankenkassen dann verstärkt am Ball bleiben“ – umschreibt Klaus Stratmann den zweiten, neuen Kontrollpunkt „Qualitätssicherung im Krankenhaus“. „Nach zehn Bauchspiegelungen bringt doch auch die die elfte oder zwölfte nichts, wenn die Patientin dazu keine psychologische Betreuung bekommt. So weit reicht unsere Erkenntnis inzwischen.“ Weiterbildung für die ÄrztInnen sei angesagt. Und man hätte zu überlegen, ob es nicht besser sei, wenn es überhaupt mehr begleitende, psychosomatische Angebote in den Kliniken gäbe. Die Krankenkassen könnten auch diese mit Leistungsbewilligung unterstützen.

„Es muß ja nicht immer vollstationär behandelt werden – wir können wirklich unser Geld besser verwenden“, hat Klaus Stratmann eingesehen. Ohne die niedergelassenen ÄrztInnen gehe da aber gar nichts, denn diese weisen die Frauen in die Krankenhäuser ein, und dort hält man sich natürlich an den Einweisungsauftrag. Fortbildung von ÄrztInnen jedoch sei Aufgabe der Ärztekammer. „Da könnte man aber zumindest auf das Problem hinweisen und denen unter die Nase halten, daß es so nicht gehen kann.“ Wenn man sich als Kostenträger da engagiere, könne man vielleicht einiges erreichen – Klaus Stratmann: „Wir bleiben dran!“ sip