Glaube, Liebe, Hoffnung

■ Eine aktuelle Dokumentation aus dem Iran, 21.45 Uhr, arte

Innerhalb von drei Wochen im Iran einen Dokumentarfilm produzieren? Siba Schakib hat sich auf dieses Wagnis eingelassen. Nach Jahren als Moderatorin in Jugendprogrammen des WDR und beim persischen Dienst der Deutschen Welle kehrte sie für arte in jenes Land zurück, in dem sie vor der islamischen Revolution zur Schule ging. Herausgekommen ist eine einstündige TV-Reportage, die heute als Teil eines Themenabends zum Iran zu sehen ist.

„Wo der Glaube noch Berge versetzt – Iran im Jahr 16 der Chomeini-Revolution“ lautet der Titel, und entsprechend beginnt der Film mit Bildern schneebedeckter Gipfel. Es folgt viel Folkloristisches: Töpfer in Isfahan, der den Schiiten heilige Schrein in Qom, die Ruinen von Persepolis – und einiges Klischeesprengende: eine bekennende Islamistin als moderne Malerin, ein Parlamentarier als (sehr vorsichtiger) Kritiker der Menschenrechtslage.

„Zu oft wird dieses Land reduziert auf die Begriffe Fundamentalismus und Terrorismus“ und „Den Iran kann nur verstehen, wer seine Menschen versteht“, lauten zwei programmatische Sätze aus dem Mund der Autorin. Sie ist bemüht, ihrem europäischen Publikum ein differenziertes, aber positives Bild des Iran zu vermitteln. Etlichen Sequenzen ist, ohne daß es erwähnt würde, anzumerken, daß die Autorin sich jeden Dreh genehmigen lassen mußte und daß das Team auf Schritt und Tritt beobachtet wurde.

Vor allem die nichtoffiziellen und nichtintellektuellen GesprächspartnerInnen Schakibs fallen durch gemäßigte Kritik bis hin zu Lobhudelei gegenüber dem Regime auf. „Ich habe kein Verlangen, woanders als im Iran zu leben. Die Ruhe, die wir hier haben, gibt es doch sonst nirgendwo“, sagt ein junger Mann aus dem Süden Teherans. Es fehlt der Hinweis, daß ausgerechnet dort 1992 Tausende mit nach außen gekrempelten Hosentaschen gegen die Armut demonstrierten. Die Polizei löste die Proteste gewaltsam auf.

Anstatt solcher Informationen Gefälliges für das wertkonservativ- kulturkritische Ohr im Westen: „Für die in der Islamischen Republik aufgewachsenen jungen Leute steht außer Frage, daß es in ihrer eigenen Heimat Werte gibt, die zu leben sich lohnen. In ihren Augen haben die westlichen Kulturen sich selbst diskreditiert. Drogen, sexueller Mißbrauch, Zügellosigkeit, soziale Einsamkeit – Probleme, die nicht nur unter islamischem Blickwinkel Angst machen“, heißt es, während Männer an Wasserpfeifen nuckeln.

Die wirtschaftlichen Probleme Irans sind laut Schakib ausschließlich der internationalen Isolation Irans und den Folgen des achtjährigen vom Irak ausgelösten ersten Golfkriegs zu verdanken. „Die Machthaber können und werden nicht zimperlich umgehen mit den Iranern. Sie werden ihnen noch viel mehr zumuten müssen“, erklärt die Autorin aus dem Off. Kein Wort darüber, daß die revoluzzenden Kleriker vor 16 Jahren einen Gottesstaat errichten wollten, der seine BürgerInnen vor gerade solch weltlichem Ungemach bewahren sollte.

Mittlerweile hat die Islamische Republik ihre Ausstrahlung für Muslime vor allem deswegen fast völlig verloren – auch für die rund 60 Millionen IranerInnen. Das erfährt jedoch wohl nur, wer ohne Kamera und staatliche Begleiter durch den Iran reist. Thomas Dreger