Südafrika zaubert sich ein Haushaltswunder

■ Weniger Schulden und zugleich mehr Geld für Soziales und Wohnungsbau

Johannesburg (taz) – Südafrikas Regierung unter Nelson Mandela hat gestern vor dem Parlament in Kapstadt einen Haushaltsplan vorgestellt, mit dem versucht werden soll, ein investionsfreundliches Klima zu schaffen und gleichzeitig die Erblast der Apartheid abzubauen. Auf dem Papier gelang Finanzminister Chris Liebenberg dabei ein Kunststück: Der etwa 70 Milliarden Mark umfassende Etat sieht Mehrausgaben für Häuserbau, Erziehung, Gesundheit und die Polizei vor – rund die Hälfte des Budgets ist für Sozialausgaben vorgesehen – und senkt gleichzeitig das Haushaltsdefizit von 6,4 Prozent des Bruttosozialprodukts auf 5,8 Prozent.

Es ist der erste Haushalt, den die Regierung Mandela seit ihrer Machtübernahme im Mai 1994 ausarbeiten konnte. Nach Abzug der Inflation sind die Ausgaben und auch das Haushaltsdefizit geringer als im Vorjahr: Der Ausgabenzuwachs von 9,5 Prozent liegt leicht unter der Inflationsrate. Die Einnahmen sollen um elf Prozent steigen.

Liebenberg schaffte die Defizitverminderung zum einen mit Umschichtungen: So werden Investitonsausgaben auf der Habenseite verbucht. Außerdem verkündete er eine drastische Steuererhöhung für Zigaretten, und Einkommen von über 40.000 Mark im Jahr werden kräftig besteuert.

Sparen müssen vor allem Südafrikas Streitkräfte: Die Militärs müssen im kommenden Jahr mit 600 Millionen Mark weniger auskommen, ihr Haushaltsanteil schrumpft von 10,5 auf 8,8 Prozent. Dabei hatten die Generäle schon vor einem Jahr über zuwenig Geld gestöhnt. Die Sozialausgaben hingegen klettern von 31 auf etwa 35 Milliarden Mark, ein Zuwachs von 52,8 auf 54,7 Prozent des Etats. Mit rund 300 Millionen Mark, die aus dem Verkauf von Ölreserven abgezweigt werden sollen, erhofft sich die Mandela-Regierung einen zusätzlichen Schub für ihr „Wiederaufbau- und Entwicklungsprogramm“ (RDP), mit dem die 50prozentige Arbeitslosigkeit bekämpft werden soll. So sind 40 Millionen Mark für die Ausbildung von Arbeitslosen vorgesehen. Laut den Planungen wird gehofft, in diesem Haushaltsjahr rund 38.000 Arbeitsplätze schaffen zu können – und über den Multiplikatoreffekt dadurch weitere 100.000 Stellen zu schaffen.

Am massivsten fallen die Ausgabensteigerungen im Häuserbau aus: 1,5 Milliarden Mark werden für Neubauten und Sanierungen ausgeben. Für Erziehung sind 26 Prozent des Haushalts vorgesehen, nur wenig mehr als vorher. Willi Germund